Sonnendeck

Wäre jede Nachtfahrt so harmlos und gemütlich wie die von Terceira nach São Miguel am vergangenen Wochenende, dann müsste man sie nicht fürchten: ein schöner Sonnenuntergang, dann Mondschein, kaum Welle, sanfter Wind, Flying Fish mit rund fünf Knoten Geschwindigkeit unter Blister unterwegs, bloß zu Beginn und am Schluss mussten wir für ein paar Stunden den Motor mitlaufen lassen. Am Sonntag dann die entspannte Ankunft in Ponta Delgada, der Hauptstadt der größten Azoren-Insel, die dank der Bausünden in der ersten Reihe vergleichsweise großstädtisch anmutet. Wir haben wie vor ein paar Wochen in Horta den Liegeplatz neben der amerikanischen „Victoria’s Ghost“, ein Stückchen weiter liegt die schwedische „Pangea Ultima“ und gleich beim ersten Marina-Rundgang treffen wir Nicoletta aus der Schweiz, die zur insgesamt fünfköpfigen Familiencrew der „Paloma“ gehört. Zuletzt sind wir uns auf Dominica begegnet, es gibt viel zu erzählen und wieder mal stellen wir fest, dass es uns bei der Atlantiküberquerung schlimmer hätte treffen können: die „Paloma“ ist seit ein paar Wochen Großbaustelle, bekommt eine neue Maschine eingebaut. Auch dort drehte der Motor unterwegs selbsttätig hoch, beruhigte sich aber nicht nach einer Weile wieder, sondern zerstörte sich letztlich unter großem Getöse selbst.

 

 

Da das Wetter mehr als freundlich ist, zieht es uns ziemlich bald ins Tourist Office von Ponta Delgada, wir möchten wissen, was in der Stadt so los ist, ein paar Wandertipps und einen Busfahrplan. Wandern möge sie überhaupt nicht leiden, erklärt uns eine freundliche Angestellte, händigt aber mit leicht angewidertem Blick ein paar Tourvorschläge aus, als wir nicht locker lassen. Was unser kulturelles Interesse angeht, dürfen wir uns bei den Flyern umschauen und bedienen, immerhin bekommen wir komplikationslos einen Busfahrplan ausgehändigt. Hm, vielleicht den Job verfehlt? Egal, so unwillig die Beratung, so grandios sind die Freizeitmöglichkeiten auf der Insel. Zwei Touren haben wir bereits unternommen: die Wanderung „Rota da Água“ führte uns von Remédios aus für eine Weile durch österreichisch anmutende Landschaft mit grünen Hügeln und glücklichen Kühen, dann galt es durch den 49 Meter langen und 1,50 Meter hohen Túnel da Grota zu kriechen, um auf der anderen Seite in regenwaldartigen Gefilden wieder aufzutauchen. Überraschung gelungen, Tapetenwechsel sozusagen! Weiter ging es dort auf verschlungenen Waldwegen, an alten Bewässerungssystemen entlang und über Aquädukte bis zum Ziel, der – man beachte die dramatische Namensgebung – Janela do Inferno, einer idyllisch im Wald gelegenen Steilwand mit sprudelnden Wasserquellen und eben einer kleinen Höhle. Ob sie tatsächlich ein Fenster zur Hölle ist, haben wir nicht herausgefunden, sie liegt ziemlich weit oben im Fels. Später dann der Rückweg durch einen anderen Tunnel und schon waren wir wieder in Österreich. Ein herrlicher Rundweg, viel abwechslungsreicher geht es nicht.

 

 

Gestern dann zog es uns nach Sete Cidades im Westen der Insel. Die Stadt ist Ausgangspunkt für die Umrundung einer großen Caldeira mit zwölf Kilometern Umfang, entstanden kurz vor Mitte des 15. Jahrhunderts. Herrlich ist der Blick auf die im Krater aneinander grenzenden, verschiedenfarbigen Vulkanseen Lagoa Azul und Lagoa Verde. Letzterer reflektiert die umliegenden grünen Steilhänge, so die sachliche Erklärung zum Phänomen. Die romantische Version ist schöner, sie handelt von der unglücklichen Liebe zwischen einer Prinzessin und einem armen Hirten. Klassischerweise durfte die Ärmste ihrem Herzen nicht folgen, sondern wurde zu standesgemäßer Ehe gezwungen und bei einem letzten, heimlichen Treffen flossen in Strömen die Tränen der Liebenden aus den blauen Augen der Prinzessin und den grünen Augen des Hirten und bildeten die zwei Seen. Unsere Gedanken unterwegs waren wenig gefühlig und kreisten zunächst meist um die Wegfindung. Wir hatten uns auf den ersten Metern spontan mit Liza und Fred aus Holland und den Kanadiern Melissa und Nick zusammengetan, die wie wir die Tour ein wenig abwandeln und verlängern wollten. Mit verschiedenen (allesamt recht detailarmen) Karten, Smartphone und Mut zur Abkürzung fanden wir gemeinsam unseren Weg und hatten eine sehr kurzweilige Zeit. Und die Gegend gehört zurecht zu den beliebtesten Wandergebieten der Insel.

 

 

Kaum waren wir zurück in der Marina, sahen wir die frisch angekommene „Auriga“ ein Stückchen weiter am Steg liegen. Endlich konnten wir Ute und Manfred persönlich kennenlernen. Die zwei haben uns letztes Jahr über unseren Blog gefunden und angeschrieben, seitdem stehen wir in Kontakt (und die „Auriga“ in unserer Linkliste). Es geht also gesellig weiter und wir sind gar nicht böse darum, dass derzeit noch kein Wind für die Überfahrt nach England in Sicht ist.

SY Tao
Juli 24th, 2016 at 12:46 pm

Bleibt noch ein wenig, wir feiern Gabis Geburtstag in Lajes do Pico und kommen nächste Woche nach Sao Miguel. Beste Grüße von der Taoern no

Frank
Juli 23rd, 2016 at 5:45 pm

Da sitze ich mir den Hintern im chain locker plat!
Halte euch einen Platz in der ersten Reihe frei!

DirtyHarry
Juli 22nd, 2016 at 7:33 am

Drück‘ Euch mal kurz zwischendurch.

Carsten
Juli 22nd, 2016 at 6:47 am

Soooooooo schön,
Und da ludger ja irgendwie in der Karibik weilt, diesmal von mir die Grüße der Sehnsucht vom Schreibtisch aus
Carsten

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