Sørøya

Sie ist Norwegens viertgrößte Insel und zugleich die größte ohne Festland-Anbindung durch Brücken oder Tunnel. Ihr Name bedeutet schlicht „Südinsel“ und sie hat uns schon letzten Monat begeistert, als wir auf der Innenseite im Meltefjord ankerten (und uns über Fund-Fender und frischen Schnittlauch freuten). Nun, auf dem Rückweg, haben wir uns ihre dramatische, zerklüftete Außenseite angesehen und können final sagen: Sørøya schafft es mühelos in unsere Insel-Top Ten. Durch allgemeine Schönheit, ein hohes Puffin-Aufkommen und weil die letzten zwei unserer insgesamt drei weiteren Stopps so wunderbar waren (den ersten, im Sandøyfjord bei Sæter gelegen, haben wir bei Dauerregen und bollerndem Dieselofen lesend unter Deck verlebt). Dann aber: zwei Tage vor Anker im Galtefjord mit spannender Naherkundung per Microfish. Schon bei der Ansteuerung der Bucht sehen wir am Ufer eine verfallene Holzhütte, früher soll hier eine Walfangstation gewesen sein. Neugierig paddeln wir ans Ufer, finden üppige Natur, alles ist quietschgrün überwuchert, voller bunter Blüten, es summt und brummt energisch um uns herum – erstmals auf dieser Reise müssen wir die Hosenbeine in die Socken stecken. Rund um die Hütte, die gründlich vernagelt ist, liegen alte Werkzeuge, Fischereiutensilien und Wirbelknochen von Walen herum. Außerdem sehen wir von dem etwas erhöhten Standort aus großflächig verteilt Mauerreste und steinerne Anordnungen. Falls dies alles mal Gebäude waren, war die Anlage wohl riesengroß.

Als die Insekten immer deutlicher signalisieren, dass sie uns nun wirklich fressen wollen (das Repellent ist natürlich irgendwo an Bord von Flying Fish), paddeln wir ein Stück weiter und schließlich bis ganz zum Ende des benachbarten Jektefjords. Das Wasser ist kristallklar und schon weit vor dem Ufer sehen wir auf dem Grund riesige Knochen, Walrippen offensichtlich, von denen einige auch an Land gespült wurden. Kurz verfallen wir auf die geniale Idee, ein Exemplar als Souvenir mitzunehmen. Doch zum einen haben wir kein Internet, um herauszufinden, ob das eventuell illegal wäre, zum anderen mutet das Größenverhältnis zu uns und unserem Kajak so absurd an, dass wir das Rippchen dann doch zurück an den Fundort verfrachten und stattdessen lieber Treibholz und ein paar angeschwemmte Netzbojen sammeln. Zurück an Bord endet der Tag lecker mit einer fischigen Innovation: Bei der Einfahrt in den Galtefjord hat Heiko erstmals zwei Lumbe erbeutet, eine Art, von deren Existenz wir bis dahin nicht wussten. Hübsch schauen sie nicht aus, haben eine etwas aalige Anmutung und sind eher schwierig zu filetieren, aber laut Angel-App „exquisite Speisefische mit hellem, festem Fleisch“. Und das stimmt!

Unsere nächste Station ist Sørvær im Nordwesten der Insel. Ein pragmatischer Stopp auf dem weiteren Weg, wir erwarten nichts von dem kleinen Fischerort, der im Havneguiden keinerlei Erwähnung findet. Um so größer die Überraschung über die spektakuläre Ansteuerung zwischen kleinen Inseln und belebten Vogelfelsen, die hübsche Einfahrt mit der rot lackierten Fischereiflotte an Backbord und den komfortablen Steg eines anscheinend Stege produzierenden Unternehmens, an dem wir im Abendlicht anlegen. Am Samstag werden wir von lauter Musik aus dem großen, mit „Tørrfiskloftet“ beschrifteten, Gebäude gegenüber geweckt. Es ist „Familiedag“ mit „Fiskekonkuranse“ und vielen anderen Vergnügungen. Die Insel ist zwar äußerst dünn besiedelt, aber das Programmheft des „Sørøy Sommer 2024“ beweist beeindruckendes Engagement und Miteinander der Menschen hier. Natürlich wären wir lieber am Tag eines coolen Konzerts eingetrudelt, aber auch das sonnige Familienfest verbreitet gute Stimmung. Und am Abend ist noch Zeit für eine weitere ausgedehnte Paddeltour, bei der wir neben den üblichen Möwen und Kormoranen auch drei Seeadler zu sehen bekommen. Die Natur hier draußen macht den Abschied nicht leicht. Dennoch haben wir Sørøya inzwischen verlassen und sind im Hafen der 43 Seemeilen südwestlich gelegenen Insel Skjervøy fest, die wir bereits kennen: Sie war im letzten Jahr unser Ankunftsort aus Svalbard kommend. Und genau wie damals ist auch diesmal wieder höchste Zeit für ein wenig Backschaft…

Heidi Wulf
Juli 12th, 2024 at 4:51 pm

Das war wieder Norwegen pur, ein Augenschmaus. Lbgr hup

Svenja
Juli 10th, 2024 at 6:52 pm

So viel strahlend blauen Himmel auf Fotos eines Blogbeitrags habe ichglaube ich schon lange nicht mehr gesehen 😀 Ich hoffe die schönen Tage überwiegen weiterhin und ihr braucht den Dieselofen nicht allzu häufig anzuschmeißen.

Heiko
Juli 12th, 2024 at 2:33 pm

Die Wetteraussichten sehen ganz gut aus, und wir haben ja auch noch die Heizlüfter und Decken, die das Leben erleichtern können ,)

Rudi & Crew
Juli 10th, 2024 at 2:32 pm

Meine Herren!!!!
Das ist mal Landschaft at it’s best. Da sitzt man so an seinem Schreibtisch in der stickigen Bude und bekommt ad hoc Fernweh. Wunderschön da! Und wunderschön fotografiert! Absoluter Favorit diesmal: Der Müllschluckerfisch (http://syflyingfish.de/wp-content/gallery/240709_abs3/240709_Abs3_PFFL3569.JPG).

Heiko
Juli 12th, 2024 at 2:32 pm

Mit den Graffiti geben sie sich hier echt Mühe, wenngleich der Favorit immer noch die Bilder von Solsoldat sind, die wie gemeinsam gesehen haben.

Falko Wenzel
Juli 10th, 2024 at 7:31 am

das ist wirklich schön zu lesen. Die Bilder braucht man sich dann schon gar nicht mehr anzuschauen. Jetzt muss ich erstmal wieder den Taschenrechner rausholen um raus zubinden was. +2= 6 ist… Gruss Falko

Heiko
Juli 12th, 2024 at 2:25 pm

Wir würden dir dein Leben gern erleichtern, weil wir uns immer sehr über Deine Kommentare freuen. Allerdings sind wir nicht sicher, ob es dir leichter fallen würde alle Ampeln zu erkennen… 😉

Carsten
Juli 10th, 2024 at 7:05 am

Oh, da war der Blog auf einmal zu Ende….
Ich hätte noch stundenlang weiter lesen können
🥰
Dankeschön ihr Lieben

Heiko
Juli 12th, 2024 at 2:22 pm

Fortsetzung folgt…

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