Die letzten Tage auf Barbuda waren so schön wie die bereits beschriebenen und wissend, dass wir uns in so einer fast unwirklichen Bilderbuch-Umgebung so bald nicht wieder aufhalten werden, haben wir ein Stückchen weiter südlich noch mal für zwei Nächte unseren Anker geworfen und die Zeit in vollen Zügen genossen. Naja, bis auf die Stunden, die wir mit Flossen, Schnorchel, Taucherbrille unter Flying Fish verbracht haben. Reinigung des Unterwasserschiffs war schon wieder angesagt, es ist kaum noch Antifouling am Rumpf und die Algen wachsen schneller als wir gucken können. Bei den kurzen Etappen tut es nicht weh, etwas langsamer unterwegs zu sein, aber für die sechzig Seemeilen nach Nevis wollten wir schon die übliche Fish-Geschwindigkeit erreichen. Und in der Tat, das war ein toller Segeltag, obwohl er schon Samstag morgens um fünf Uhr begann: endlich mal wieder Wind von achtern, hohe, gleichmäßige Wellen, mit Schmetterlings-Segelstellung und durchschnittlich sechs Knoten haben wir unser Ziel erreicht: Nevis, eine grüne Insel mit Vulkan in der Mitte, die wie ein großer Sombrero im karibischen Meer liegt und schon von weitem sichtbar ist.
Erste Anlaufstelle war wie meistens der Insel-Hauptort zwecks Einklarierungs-Formalitäten, auch unser Anleger-Bier haben wir uns dort gegönnt. Charlestown ist ein hübsches kleines Städtchen mit ruhiger Atmosphäre: liebevoll renovierte Holz- und Steinhäuser, oft mit „Gingerbread Trim“, den hier typischen filigranen Verzierungen aus Holz, idyllische Plätze, gute Supermärkte, im Törnguide werden solche Orte zu Recht als „welcoming“ bezeichnet. Am meisten los ist auf dem großen Steg mit dem Dinghi-Dock, dort wird geangelt, gequatscht, gelacht, vorbeischwimmender Fisch kommentiert (darunter beeindruckend große Stachelrochen) und entspannt. Pelikane kreisen über der Szenerie und alle paar Zeiten klatscht einer von ihnen mit dem Geräusch einer Riesen-Arschbombe ins Wasser – um an die tiefer unten schwimmenden Fische zu kommen, lassen sie sich einfach aus zehn, zwanzig Metern Höhe kamikazeartig fallen und anscheinend funktioniert diese Technik. Inzwischen liegen wir mit Flying Fish ein Stückchen entfernt am Pinney’s Beach, direkt vor der berühmten Sunshine’s Beach Bar mit ihrem noch berühmteren Rum-Getränk „Killer Bee“. Toller Abend, super Drink, der seinem Namen aber auch alle Ehre macht, so dass wir nach einer Runde lieber auf Bier umgestiegen sind.
Netterweise gibt es auch hier auf Nevis einen Fahrrad-Verleih, doch unser Aktiv-Tag begann mit einem kleinen Schock: kaum waren die Fahrräder angepasst und ausprobiert, die Bezahlung erfolgt und der Rucksack geschultert, kommt der lässige schwarze Typ vom Verleih doch mit zwei dieser furchtbaren Plastikdeckel um die Ecke und erzählt uns was von Helmpflicht. Helmpflicht im karibischen Paradies bei knapp dreißig Grad!! Und das uns, die wir geschworen haben, dass unsere Radfahrkarriere in Deutschland an dem Tag ein abruptes Ende findet, wo man uns von Gesetzes wegen zwingt, tagtäglich und bei jeder Besorgung so ein Ding aufzusetzen. Wir haben nach kurzer Abwägung beschlossen, die Pflicht einfach zur Empfehlung umzudeuten und die Deckel für den Fall einer Konfrontation mit Ordnungshütern an den Lenker gebändselt mitzuführen, wie erwartet hat es keinen Menschen interessiert und unsere Inselrundfahrt verlief reibungslos. Sehr viel zu sehen gab es allerdings nicht. Man kann sich alte Plantagenhäuser anschauen, die in der Regel zu Nobelunterkünften mit entsprechenden Restaurants umgestaltet sind. So waren wir kurz auf dem Gelände des Golden Rock Estate und fanden es sehr geschmackvoll, allerdings sprachen sowohl unser Outfit als auch das Budget gegen eine Einkehr dort. Ansonsten gibt es zaghafte Versuche, ein paar Ausflugsziele am Wegesrand zu etablieren, wie zum Beispiel New River Estate, wo einst Zuckerrohr verarbeitet wurde und heute zwischen alten Gemäuern rostige Maschinenteile zu sehen sind. Doch es gibt keinerlei Erklärungen dazu, nach ein paar eigenen Deutungsversuchen sind wir ratlos von dannen gezogen und verbuchen letztlich diesen Tag einfach unter „Sport“ statt „Sightseeing“.
Liebe Heiks,
sehr schöne Bilder! Wollt ihr da wirklich weg?! Heikos Frisur gibt Anlass zu der Vermutung, dass ihr länger bleiben wollt – zuerst habe ich gedacht, dass sich da kleine, feine melatenblonde Rasterzöpfchen gebildet hätten. Aber dann kam die Erklärung mit dem „Killer Bee“ der offensichtlich über den Kopf hinaus bis in die Haare steigt und diese zu kleinen Zöpfen verschlingt!
Und Helm solltet ihr immer und auf jeden Fall tragen – auch beim Segeln. Machen die beim Amerikas Cup ja auch und das sind Trendsetter. Und die Holländer werden über kurz oder lang ganz sicher aussterben. Die fahren alle und immer Fahrrad ohne Helm, selbst Kleinkinder, Schüler und alte Leute. Das kann nicht gut gehen. In diesem Sinne, herzliche Grüße vom Schreibtisch, Ludger
PS: Es soll ein neues Finanzierungsmodell für Langzeitsegler geben: Leeren von Briefkästen in Panama. Was die Öffentlichkeit noch nicht weis, es gibt da in der Karibik noch jede Menge Steueroasen, in denen Briefkästen zu leeren sind. Und in Nevis gibt´s keine Einkommensteuer und Offshore Gesellschaften sind in der Regel befreit. Das wäre ja schon mal ein Anfang.