Montagvormittag wurden wir planmäßig und unfallfrei gekrant, sind nun immer noch im Medina Yard auf dem Trockenen und warten auf ein Ersatzteil. Leider hat Flying Fish kein gewöhnliches Stopfbuchsenproblem (wenngleich diese nun ebenfalls ausgewechselt wird), das wäre einfach zu profan. Bis Dienstag sah es danach aus und wir planten, am Mittwoch zurück ins Wasser zu kommen. Doch dann zeigte sich die wahre Ursache der Wassereinbrüche im Motorraum: der Motor hatte sich abgesenkt (oder war schon immer zu niedrig positioniert) und so konnte die Edelstahlwelle das sie umgebende Rohr, in dem sie sich eigentlich mittig zentriert drehen soll, im Laufe von vielen, vielen Jahren im vorderen Bereich nach unten durchfräsen. Daher kam das Wasser. So mussten Schraube und Welle ausgebaut werden, was leider nicht geht, ohne zunächst das Ruderblatt zu entfernen. Das wiederum erfordert, das Schiff einen weiteren Meter anzuheben, damit es nach unten herausflutschen kann. Zum Glück haben sich sämtliche Teile nicht allzu lange gewehrt. Und auch das zerstörte Rohr ließ sich mit ein wenig Geruckel nach hinten aus dem Schiffsinneren ziehen. Es ist ein nicht allzu exotisches Teil der ebenfalls nicht allzu exotischen Firma Vetus und eigentlich hatte man uns gesagt, Ersatzteile seien über Nacht zu beschaffen. Mittlerweile durften wir erfahren, dass das genau für dieses Teil leider nicht gilt, weil es zu groß ist. Tag für Tag werden wir vertröstet und trauen den Werkstattoberen keinen Meter über den Weg. Kann gut sein, dass sie uns schlicht hinhalten und erst andere Baustellen bearbeiten. Tun können wir dagegen nichts und so warten wir halt und vertreiben uns nach wie vor die Zeit auf dieser schönen Insel.
Unsere aktuelle Start-in-den-Tag-Routine sieht so aus, dass wir zunächst mit unserem Duschzeug ins Dinghi steigen und zu dem Hafen fahren, in dem wir bis Sonntag unseren Liegeplatz hatten. Deren Türcode wird zum Glück nie geändert, so können wir uns dort die nötige Hygiene erschleichen. Der Weg fühlt sich mittlerweile an wie kurz über den Flur ins Bad schluffen: ablegen, zwischen den Stegen hindurch, dann kurz der Kettenfähre ausweichen, die hier Floating Bridge heißt und immer Vorfahrt hat, an der Tankstelle vorbei, zweite Einfahrt links, einen unauffälligen Parkplatz suchen, vor der Rückfahrt noch kurz ein Baguette fürs Frühstück kaufen und alles retour. Neu ist seit heute, dass es auf dem Fluss zugeht wie auf der Autobahn, fast bei allen Schiffen Startnummern an der Reling hängen und wir uns im Hafen an diversen Kamerateams vorbei zu schlängeln haben. Denn morgen startet das Round the Island Race und entsprechend ist mächtig was los. Wahrscheinlich laufen wir seit Tagen der A-Prominenz des britischen Regattasports über die Füße und ahnen es nicht… Netterweise haben wir unglaubliches Wetterglück, bloß am Montag hat es mal ein paar Stunden geregnet. So treiben wir uns herum, suchen uns immer mal für ein paar Stunden ein gemütliches Sonnen- und Leseplätzchen entweder am Strand oder auf einem Ponton im River Medina und abends gibt es gelegentlich Livemusik in der „Rum Bar“.
Heute dann waren wir auf den Spuren von Königin Victoria unterwegs, deren „Osborne House“ nicht weit von hier zu besichtigen ist. Von 1845 bis 1850 wurde die Residenz von Prinz Albert, ihrem königlichen Gemahl, im Stil einer italienischen Villa gebaut und sie liebte sie. In der Tat ist das Gebäude beeindruckend, doch für unseren Geschmack im Inneren deutlich zu opulent: Marmor, Stuck, Skulpturen, Kristall, Gold und düstere Ölgemälde über und über. Ungünstigerweise ist jemand der grandiosen Idee verfallen, die originalen Mosaikfußböden durch Auslegeware im Stil schäbiger Hotels der 70er Jahre zu schützen, wild gemustert in Farben von hellrot und kirschrot über kreischrot bis dunkelrot. Das setzte für uns der Reizüberflutung die Krone auf, die königliche. Leider darf man drinnen nicht fotografieren und unsere kriminelle Energie reichte lediglich für die Aufnahme des obigen Blogbildes, ein Ausschnitt aus einem riesigen – und ausnahmsweise nicht düsteren – Gemälde, das ein Treppenhaus schmückt. Unfassbar schön ist das Grundstück um das Osborne House mit seinem alten Baumbestand, den Gärten und großartigen Ausblicken auf den Solent. Das wollte ich schon immer mal schreiben: wir lustwandelten dort genüsslich, bevor wir uns auf den Rückweg nach West Cowes machten. Morgen stürzen wir uns ins Regattagetümmel und werden ansonsten weiterhin – warten.
Oje oje! Tut mir Leid dies zu hören! Ich drücke euch alle Däumchen, dass ihr das Röhrchen bekommt und der Fish wieder stubenrein wird!
Nachdem mir Claudi mal den Link zu eurem Fish-Blog geschickt habe, habt ihr nun noch einen Leser mehr! Hoffe dass ihr schnell wieder Wasser unter’m Kiel bekommt, bevor euch die Sehenswürdigkeiten an Land ausgehen. Bin gespannt und werde verfolgen wie es weitergeht.
Alles Gute aus dem heimatlichen Rheinland!