Flying Fish wird nun doch gekrant, hier in West Cowes, der Segelhauptstadt der Isle of Wight, übermorgen. Am Montag sind wir hergesegelt bzw. die zweite Hälfte der 48 Seemeilen mangels Wind motort, dennoch kamen wir mit trockenem Motorraum an. Doch am Mittwochabend hatten sich dann plötzlich wieder ein paar Liter Wasser im Schiff gesammelt. Wir vermuten, dass der Junior in Brighton die Stopfbuchse zerstört hat. Auf jeden Fall können wir so nicht mit gutem Gefühl weiterfahren, daher der Krantermin. Natürlich sind wir darüber nicht glücklich. Zum einen bedeutet es, dass wir einen guten Teil unseres Reparatur-Budgets bereits nach einem Monat auf den Kopf hauen, zum anderen hat die Erfahrung gelehrt, dass man sich bei einem „Eingriff“ dieser Größenordnung direkt auf Kollateral- und Folgeschäden einstellen kann. Auf jeden Fall ist es besser, solche Reparaturen hier in England durchführen zu lassen als später in Spanien oder Portugal, allein aus sprachlichen Gründen (kein Mensch glaubt, was für ein absurdes Vokabel-Sammelsurium wir uns inzwischen angeeignet haben…).
Unterdessen genießen wir die Isle of Wight und die ist wirklich ein Genuss und nicht umsonst eines der Haupturlaubsziele der Engländer. Schon die Anfahrt durch den Solent fanden wir großartig, vorbei an Portsmouth mit seinem markanten Spinnaker Tower und den kreisrunden alten Seeforts, die einst der Verteidigung der Küste dienten. „Little England“ wird dieses kleinste County auch genannt, denn hier gibt es auf rund 380 km² alles, was das große England ausmacht: Kreideklippen, lange Sandstrände, sanfte grüne Landschaft, beeindruckende historische Gemäuer, wunderschöne kleine Dörfer und obendrauf die höchsten Temperaturen und meisten Sonnenstunden landesweit. So konnten wir gestern prompt endlich mal einen Tag am Strand verbringen, ohne lange Klamotten! Doch zunächst waren Dienstag und Mittwoch die bislang gefährlichsten Tage unserer Reise – da haben wir uns mit Leihfahrrädern in den Linksverkehr gestürzt und die Insel erkundet. Erst ging es nach Westen ins schöne Küstenörtchen Yarmouth und retour, am nächsten Tag ins Inselinnere in die Hauptstadt Newport, dann wieder ans Meer nach Ryde und über East Cowes per Kettenfähre über den Fluss zurück nach West Cowes. Sehr abwechslungsreiche Touren mit viel zu gucken, reichlich Steigungen und schnellen Abfahrten, ein fieser kleiner Muskelkater erinnert uns noch penetrant an die Steigungen.
Nach so viel körperlichem Einsatz wollten wir dringend das Fortbewegungsmittel wechseln und starteten zunächst die Versuchsreihe „Dinghi aufbauen an Bord“ (ein Test für später, wenn wir hoffentlich statt in teuren Marinas zu liegen unseren Anker in traumschönen Buchten fallen lassen). Das klappte in nur rund zwanzig Minuten und gar nicht schlecht, obwohl unser himbeerrotes 80er Jahre-Modell einen etwas kompliziert konstruierten Teakholzboden hat, der aus vier Platten und einem Haufen Verbindungsschienen zusammengepuzzelt und in einem bestimmten Aufblas-Stadium trickreich in das Boot gekantet werden muss. Übung macht anscheinend den Meister! So probierten wir direkt den neuen Davit aus, eine Art Kran-Arm mit Flaschenzug am Heck, über den wir den nicht ganz leichten Außenborder (der standardmäßig hinten an der Reling befestigt ist) hoch und runter liften können, ohne uns den Rücken zu brechen. Nächste Überraschung: der kleine Motor funktionierte anstandslos, da rechnet bei der ersten Inbetriebnahme der Saison kein Mensch mit. Der Cowes Yacht Haven, in dem Flying Fish festgemacht ist, liegt an der Mündung des Flusses Medina, den hinauf führte uns unsere Dinghi-Tour bis zum Pub Folly Inn. Ein charmantes Ziel, das uns ein Segler in Brighton empfohlen hatte: man sitzt bei einem lecker-kühlen Glas Lager am Ufer des River Medina, schaut den Gezeiten und dem Treiben auf dem Fluss zu und genießt einfach die entspannte Atmosphäre, bevor man sich, möglichst mit der Strömung, auf den Rückweg macht, vorbei an Häfen, Fähren und unzähligen Booten. Wir mögen diese trockenfallenden Flüsschen seit unserem ersten England-Törn und so liegt das Dinghi nun aufgeblasen und einsatzbereit neben Flying Fish und wir können uns jederzeit einen kleinen Ausflug gönnen, wenn wir Lust haben und die Gezeit gerade passt.
Doch momentan lässt sich auch hier in West Cowes nicht über mangelnde Abwechslung klagen: der ohnehin lebendige Ort scheint geradezu zu sprudeln, man bereitet sich auf das Round the Island Race vor, das einer der Regatta-Höhepunkte des Jahres ist. Schon jetzt legen immer mehr unfassbar schnell, teuer und teils geradezu aggressiv aussehende Boote im Hafen an. Wir bewundern Hochglanzlacke und Hightech-Materialien, manches Segel kostet hier sicher mehr als ganz Flying Fish. An der hiesigen Promenade befindet sich Englands exklusivster Segelverein, der Royal Yacht Squadron. Vor deren Gebäude sind 22 spiegelblank polierte Messingkanonen aufgereiht und auf den Solent gerichtet, hier fallen die Startschüsse für die großen Regatten. Gestern haben wir uns zwei Starts angeschaut (angeblich ein Vorentscheid zum Fastnet Race, aber das konnten wir nicht verifizieren). Netterweise hat uns ein fröhlicher Regattaverantwortlicher per Finger-in-die-Ohren-Geste vor dem Kanonenschuss gewarnt, sonst hätten wir wahrscheinlich jetzt noch was von dem Knall. Wir sind gespannt, was hier in den nächsten Tagen noch so passiert. Klar wäre es cool, den Start von rund 1.600 Booten bei der Hauptregatta in einer Woche zu sehen, in den hiesigen Galerien hängen spektakuläre Fotos aus den Vorjahren. Aber lieber wären wir dann mit Flying Fish selbst wieder auf dem Solent unterwegs. Montag erfahren wir hoffentlich mehr.
Hallo Ihr Beiden,
komme vor lauter Urlaubsstress nicht dazu, mich bei Euch zu melden – muss ständig die sich bildende Algenschicht am Ölzeug weg machen, bei soviel Regen.
Alle Berichte von Langfahrten fangen wie Eure an – mal muss vor 1.000 Samstagen das Deck saniert werden, weil der Mast droht, durchzudrücken, mal ist das Budget für Reparaturen und Nachbesserungen schon in GB maßlos überzogen (so bei Johannes Erdmann). Ein Freizeitboot wird zum Alltagsgegenstand, die Metamorphose geht wohl trotz umsichtiger und sorgfältiger Vorbereitung nur unterwegs!
Wartet noch bis Anfang August, da beginnt die Cows-Week. Dann sind angeblich alle Schönen und Reichen am Start – da gehört ihr doch dazu! 🙂
Weiterhin gute Winde und Grüße vom Kartentisch, Ludger
Hallo liebe Fische,
auch wir leben noch und lesen ganz gespannt Eure Berichte, fühlen und leiden mit Euch mit, freuen uns für Euch über jede Meile gen Westen, wobei Euch auch eine Stopfbuchse nicht aufhalten wird. Die Jungs kriegen das hin.
Von uns: Nam Kok schwimmt. Laufen diese Saison nicht nach Holland aus, da unser Dieselofen noch nicht läuft. 😉
Grüße,
Corinna & Frank
To Do Liste Sommer 2015
1. warme Jacken rauslegen
2. Bommelmütze stricken
3. Streusalz besorgen
4. Winterreifen aufziehen
Liebe Grüße aus Köln
bei 13Grad und Dauerregen
Hallo Ihr Beiden, lieber jetzt in England als später. Das sehe ich auch so. Euer Reisebericht hört sich ansonsten toll an. Wir sitzen gerade im Hafen auf Terschelling und machen Urlaub. Das Wetter wechselt täglich zwischen Regen, Wind, Sonne, Regen – die Termperaturen sind noch nicht wirklich sommerlich. Aber das wird schon. Weiterhin viel Spaß und hoffentlich ein Ende der Reparaturen. Grüße von Ludger und Gerlinde
Isle of Wight muss man sich nach Eurem tollen Bericht mal auf die Bucketlist setzen – klingt ja richtig gut.
Wir finden es beeindruckend wie gut ihr vorbereitet seid: Da wurde jetzt mal eben das Dinghi hervorgezaubert. Und das englische Fachvokabular sitzt ja offenbar – weiter so!
Flying Fish fliegt bestimmt schon bald wieder!
LG KuS
Ihr Lieben! Das mit dem Kranen tut mir echt leid für euch…. aber der Rest eures Berichtes klingt toll…hätte ich auch nicht anders erwartet , als dass ihr das beste daraus macht. ..
LG
Super super super
Wir lesen grade in Harlingen euren Bericht
Und am Ende haben gar den „rohrkrepierer“ am Anfang wieder vergessen.
Wird schon
LG von unserer heute begonnenen klein Kreuzfahrt
S +C
Hallo Carsten, wo werdet ihr
gerade nass?
Hallo Ihr Lieben,
Jetzt muss sich die Marlene-Crew auch mal zu Wort melden 😉
Kann es sein, dass Eure Stopfbuchsen-Eskapaden immer an sehr malerisch gelegenen Orten stattfinden?? Der Fish schein wählerisch, wo er an die Mauer will…
Grüße vom Balkon (Köln kann doch Sonne!)
Ch.