Bonus-Tage

Man hat ja immer so seine Vorstellungen, wie die Dinge laufen sollten, unsere sahen so aus: Nach der 80 Grad-Nordrunde und ein wenig Isfjord-Erkundung wieder ein paar Tage Longyearbyen, um Wasser- und Dieseltanks aufzufüllen und neu zu verproviantieren. Anschließend Südkurs mit Stopps in Bellsund und Hornsund, kurz darauf Überfahrt nach Norwegen. Aber Wind und Wetter machen da nach wie vor nicht mit, die Vorhersage-Charts leuchten farbenfroh mit viel dramatischem Gelb und Pink und Windpfeilen, die lustvoll in die falsche Richtung weisen. Kein Problem, denn wir haben noch Zeit, auf passende Bedingungen zu warten. Ein echter Luxus! Umso erstaunlicher, dass wir uns erstmal in die Situation einfinden mussten. Immer sind da diese unruhigen Stimmen im Hinterkopf: Was, wenn das Wetterfenster einfach nicht kommt? Arktis für immer? Hätten wir lieber letzte Woche springen sollen inmitten eines fiesen Flauten-Starkwind-Mix, so wie andere Crews mit engerem Zeitplan? Nein, hätten wir nicht. Es ist genau richtig, wie es jetzt ist. Allmählich merken wir, wie gewaltig wir wochenlang Gas gegeben haben und unter Strom standen, die Blogfrequenz spiegelte es wider. Nun also das krasse Gegenteil und es fühlt sich nach kurzem Gehader richtig gut an (demnächst wird sich dann zeigen, ob es auch gut ist 😊).

Bis gestern haben wir einfach mal sechs Tage am Stück an einem Ort verbracht, im Tempelfjord, und hatten Zeit. Die geschützte Ankerbucht Bjonahamna teilten wir mit Frederieke und Dave, der supernetten niederländisch-australischen Crew der SY Yuma. Teils in deren Begleitung und mit Mausi II im Gepäck haben wir ausgedehnte Wanderungen unternommen ohne festes Ziel, einfach mal in der Natur herumgesessen, uns über körperliche Gebrechen von Rentieren lustig gemacht, Vögel und Polarfüchse beobachtet oder zugeschaut, wie sich die Farben der Landschaft mit dem Licht verändern. Zu Beginn unserer Svalbard-Zeit wäre das noch undenkbar gewesen, so grundangespannt waren wir an Land. Nun haben wir uns daran gewöhnt, dass ein Eisbär auftauchen kann, und an vieles andere auch: „Ich gehe mal nach vorne Eis schubsen“ ist ein alltäglicher Satz geworden, so haben wir uns mit Flying Fish vorgestern recht relaxt an die Front des Tunabreen herangetastet und dem Gletscher ein paar Stunden lang beim Kalben zugesehen – auch diesmal beeindruckt und voller Respekt vor der krachenden Naturgewalt, doch deutlich weniger unsicher. Die Unsicherheit kam erst zurück, als wir wieder in der Ankerbucht waren und die Vorhersage für die Nacht plötzlich in Böen 42 Knoten Wind (9 bft) statt der ein paar Stunden zuvor noch angenommenen 22 ankündigte. Letztlich wurden es ganz gut auszuhaltende 30 (7 bft). Die Arktis demonstriert, wie es auch hätte sein können…

Jetzt liegen wir wieder am Steg in Longyearbyen, haben soeben den Supermarkt geplündert, und segeln wohl morgen oder übermorgen westwärts gen Barentsburg. Sobald wir dann den Isfjord verlassen und auf Südkurs gehen können, wird es erstmal wieder nur Blogbeiträge via Satellit und ohne Bebilderung und Zeilenschaltungen geben.

SY Gretchen Due
August 8th, 2023 at 5:31 pm

Super schöne Bilder und toll geschrieben! Wir sind ganz begeistert über euer Reiseziel! Kommt gut und sicher wieder rüber! Liebe Grüße vom Gretchen

Heidi wulf
August 8th, 2023 at 8:25 am

Phantastische Bilder einer Urlandschaft. Wuenschen euch guten Wind für den Kurs gen Süden. Lbgr hup

Svenja
August 8th, 2023 at 8:20 am

Ich schließe mich Philipps Kommentar an, genau das hatte ich bei dem Foto auch gedacht.
Ich drücke euch die Daumen dass ihr ein gutes Wetterfenster für eure Rückfahrt erwischt. Die Berichte in den Nachrichten über das Sturmtief in Skandinavien hören sich nicht kuschelig an, wenn man nicht schön warm und trocken in den eigenen 4 Wänden sitzt.

Philipp
August 7th, 2023 at 12:06 pm

Wie klein das Schiff vor der weissen Wand aussieht! Wunderbare Bilder, tolle Berichte!

Mermaid
August 7th, 2023 at 9:10 am

Das sieht sooo schön aus. Habt noch viel Spaß.

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