Gefühlt ewig ist es her, dass wir an dieser Stelle regelmäßig über unser Bordleben berichtet haben und viel ist passiert in diesen fast sechs Jahren. Zunächst einmal schwappte schlicht der Alltag über uns zusammen, als wir im Herbst 2016 zurück waren. So beschlossen wir über den Winter, die Flying Fish tatsächlich zu verkaufen, denn ein stählernes Langfahrtschiff in den Niederlanden verträgt sich auf die Dauer schlecht mit sehr viel Schreibtischarbeit in Köln. Mit recht gemischten Gefühlen inserierten wir unseren heißgeliebten Kahn und malten uns Horrorszenarien aus, wie wir jahrelang immer wieder nölende und krittelnde Pseydo-Interessenten über das Ijsselmeer schippern. Doch nichts da: Die seriöse Nachfrage war groß und zum ersten Besichtigungstermin erschien Erwin. Er machte direkt Nägel mit Köpfen, am nächsten Morgen war der Kaufvertrag unterschrieben – und wir ziemlich fassungslos.
Fortan also Landrattentum. Es bekam uns nicht. Natürlich waren wir nicht faul, gingen wandern, liehen uns Kajaks, unternahmen Citytrips. Doch etwas Wichtiges fehlte und so recherchierten wir im folgenden Winter, welche kleinen, günstigen Segelboote Stehhöhe, Kochgelegenheit und Bordklo bieten, nebenbei passabel segeln und uns optisch in den Kram passen. Wir fanden die „Sina“, eine Fellowship 27 aus dem Jahr 1969 (älter als wir, das muss man als Boot auch erst mal schaffen!). Top gepflegt und ausgestattet stand sie in einer Halle der noblen Ancora Marina in Neustadt/Holstein, ein echtes Ausnahmeboot. Wir mussten nicht lange überlegen und machten sie zu unserer „Flying Fish XS“.
Unser Liegeplatz sollte wieder in der Vrijheid in Warns sein und da wir es wenig verlockend fanden, mit einem so kleinen Boot im März lange Schläge über die Nordsee zu segeln, stellten wir es kurzerhand auf einen LkW. Bei 8,20 m Länge, 2,50 m Breite und einem Tiefgang von 1,05 m kein Problem! Endlich ging das Bordleben wieder los, die herrliche Mischung aus segeln, draußen leben und ein wenig basteln. Erstes Highlight war im Sommer ein spektakulär schöner Wattenmeer-Törn, der uns nach Terschelling, Ameland und Schiermonnikoog führte.
Getrübt wurde die Euphorie dieser Zeit nur dadurch, dass Klaus-Reiner, der Vorbesitzer unseres Ur-Fish, erkrankte und starb. Unsere Freundschaft mit ihm hatte sich nach der Rückkehr aus der Karibik noch intensiviert und nach wie vor fehlt er uns sehr mit seiner kölschen „Hätzlichkeit“, dem Verständnis für unser Fernweh, seinem Wissen über alles Mögliche und dem unvergleichlichen Kichern. Klaus-Reiner wurde am 18. August 2018 vor Harlingen seebestattet, in der Gegend also, wo seine und unsere gemeinsame Geschichte begann. Heute schaut er uns bei der Navigation über die Schulter.
Im Jahr 2020 war es höchste Zeit für eine Sommer-Auszeit. Wir planten eine große Ostsee-Runde, doch Corona kostete uns den ersten Monat und als wir endlich aufs Wasser konnten, passten wir die Route unserer Angst vor allzu unterschiedlichen und willkürlichen Corona-Maßnahmen an und verzichteten lieber auf die baltischen Länder. So ging es die schwedische Ostküste hinauf bis Stockholm, dann über die südlichen Åland-Inseln bis ins finnische Hanko, von dort ein Abstecher mit der Bahn nach Helsinki, wieder unter Segeln über die nördlichen Ålands zurück nach Schweden, durch den Göta-Kanal mit seinen 58 Schleusen an die Westküste nach Göteborg, zum Schluss durch Dänemark zurück nach Deutschland und ins Winterlager in Heiligenhafen. Ein so großartiger Skandinavien-Sommer, dass wir mehr davon wollten: 2021 sollte es mit Flying Fish XS nach Norwegen gehen.
Doch etwas kam dazwischen: Schiff Nr. 3, die finale Flying Fish. Beim Skypen mit unseren Segelfreunden Ute und Manni von der SY Auriga im Januar 2021 erwähnten wir, irgendwann in ferner Zukunft wieder nach einem Langfahrtschiff Ausschau halten zu wollen und noch unschlüssig zu sein, was es mal werden soll. Da erzählten sie uns von der „Düvel Ok“, einer Berckemeyer BM39 aus Aluminium, die in Norddeutschland zum Verkauf steht, und schickten den Link zum Exposée. Sofort war klar: Richtig blöder Zeitpunkt, aber die ist es! Ein Anruf beim Makler ergab, dass das Schiff bereits verkauft ist – Enttäuschung und Erleichterung zugleich, wir hinterließen unsere Kontaktdaten. An einem Donnerstag im März dann überraschend die Email, die „Düvel Ok“ sei wieder zu haben. Samstag fuhren wir nach Kiel und sahen sie uns an, Dienstag drauf unterschrieben wir den Kaufvertrag und noch am selben Tag entschieden sich unsere Freunde Susanne und Wilfried, die Flying Fish XS zu übernehmen, die nun als SY Pompelmann auf der Ostsee unterwegs ist. Was für eine aufregende Zeit!
Die Übergabe der „Düvel Ok“ im Frühjahr 2021 zog sich ein wenig hin, denn das Schiff hatte – coronabedingt mal wieder – eine Weile auf dem Trockenen gestanden und das tut Schiffen nicht gut. So war noch das ein oder andere instandzusetzen, bevor wir ernsthaft ablegen konnten. Der Mangel an verfügbaren Technikern nervte enorm, andererseits haben wir in dieser Zeit das Schiff samt Innereien sehr gut kennengelernt und ein wenig auch dessen Vorbesitzer, Heidi und Peter. Es sind große Fußstapfen, bzw. Seestiefel, in die wir da treten. Die beiden sind etliche Male überallhin gesegelt, wo es anspruchsvoll und sackkalt ist: Island, Shetlands, Faröer, Spitzbergen… Und dies – mit ihren früheren Schiffen – auch schon zu Zeiten der Funkpeilung, ohne GPS und Kartenplotter. „Segeln wie die Wikinger“ nannten sie das mal. Die Homepage der beiden, www.duevel-ok.jimdofree.com, ist mehr als besuchenswert und neben all den Reiseberichten finden sich dort auch viele Fotos und Details zu Konstruktion und Bau der Düvel Ok/Flying Fish in 1999/2000. Denn das Schiff ist ein Unikat, das sie sich nach ihren eigenen Vorstellungen haben bauen lassen. Die passende Modellbezeichnung: Arctic 39.
Die Kälteaffinität der Vorbesitzer hat auch uns inspiriert, nördliche Törnziele wurden ständiges Thema und Heiko sang nach dem Kauf immer mal „Ich möchte ein’n Eisbär seh’n“ vor sich hin (in grober Anlehnung an den NDW-Hit der Band „Grauzone“). Doch im Sommer 2021 sind wir erstmal nur zwei eher kleine Runden gesegelt, mit Skagen als entferntestem Punkt, haben dabei viel ausprobiert, uns mit dem Schiff vertraut gemacht und überlegt, was im Winterlager in Kappeln noch zu tun ist. Mittlerweile ist einige neue Technik an Bord eingezogen, wir haben das Frischwassersystem renoviert, die Ruderlager ersetzt, neue Segelgarderobe inklusive Gennaker bestellt und das stehende Gut (die Edelstahldrähte, die den Mast aufrecht halten) erneuern lassen. In einer Art „betreutem Refit“ konnten wir, unterstützt durch befreundete Bootsbauer, angegriffenes Teakholz in der Plicht retten und die Scheiben des Doghouse austauschen. Und im Zuge der Flying Fish-Werdung hat das Schiff die Farbe gewechselt von grün zu dunkelblau – obwohl der Vorschlag meiner pragmatischen Schwester, einfach den Namen in „Flying Frog“ zu ändern, auch nicht so schlecht war.
Und nun sind wir nach vier Arbeitswochen in Kappeln seit Mitte Mai tatsächlich unterwegs, liegen derzeit im Hafen von Stavanger in Norwegen und haben uns gesagt: Wenn wir jetzt nicht endlich wieder anfangen zu bloggen, dann tun wir es wohl nie mehr.
Na eeeendlich wieder Heiks Blog und mein Schreibtisch Kommentar ist glatt von Eurem Spam Checker abgewiesen worden… Daher jetzt aus dem Auto auf dem Weg zum Anfang von Allem und DEM Segelspot überhaupt! Lasst uns wieder ein wenig an eurem Bord Leben teil haben auf Eurem dritten Fish. Das Schiff hat uns wirklich gut gefallen und der Land – Liegeplatz an der Schlei hatte die Qualität eines Ruhesitzes für alternde Segler – aber das hat bei euch ja noch ein wenig Zeit… Fair Winds and following Seas, vor allem aber ein stetig gutes W-LAN, damit wir weitere Blog Einträge lesen dürfen. Grüße aus Workum und demnächst hoffentlich wieder vom Schreibtisch. Ludger
Moin zusammen,
das ist ja eine Überraschung: Der Flying-Fish-Blog hat wieder abgelegt!
Konte mir auch gar nicht vorstellen, dass euer Segler-und-auf-See-Gen auf Dauer zu unterdrücken ist. Nun also weiter nördlich unterwegs. Das kann ich als „Nordlicht“ ja nur gutheißen.
Liebe Grüße
Sven
PS: Island kann ich nur empfehlen!
Vergesst das unbewegte Zuhause bitte nicht! Wir reisen gedanklich mit und warten geduldig auf den Kurswechsel Richtung Süden 😉 Habt glückliche Tage im Hohen Norden….
Ahoi Sailors!
Das ist lange her…schön, wieder von Euren Segelerlebnissen zu hören, gut erzählt!
Habt allzeit eine gute Fahrt, viel Spaß und immer eine sichere Heimkehr!
Freut mich riesig fuer Euch dass Ihr zurueck auf’m Wasser seid und wieder los wollt, herzlichen Glueckwunsch und immer fair winds!
Big hugs xxx Dody
Düvel ok – die Fishes sind wieder online! Na, das kann ja was geben 😉
Wurde ja auch langsam Zeit… Grüße auch von Rudi!
Hey ihr zwei,
Toll, wieder mal was von euch zu lesen! Ich habe gerade eurer aktuelle Route verfolgt und wie ich sehe kreuzen sich unsere Wege in Holstein und Dänemark immer mal wieder, nur leider zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Genießt den Sommer im Norden!
Viele Grüße aus Sjælland
Florian
Hallo Ihr Lieben,
da kullerten mir dichz so einige Seewasserperlen die Wangen hinab, als ich Euren Blog gelesen habe 🥲
Danke
Es ist schön euch wieder unterwegs zu erleben!
Und das ihr immer wieder heile zurück kommt, zu gemeinsamer 🍫, 🍓 und 🥂
LG Carsten
Viel Spaß, freue mich auf Eure neuen Reisen.
Hallo ihr lieben,
Es ist schön von Euch zu hören. Das hört sich -wie gewohnt- nach Bewegten Zeiten an.
Ich freue mich auf weitere Berichte von Euch.
Liebe Grüße!
Falko
Liebe Heiks,
wie toll das Wünsche manchmal in Erfüllung gehen 😉 und wir jetzt wieder spannende Berichte von eurer Reise bekommen. Ich freue mich schon sehr auf das was noch kommt. Euch weiterhin eine tolle Zeit und nur positive Erlebnisse.
Viele Grüße aus Hamburg, Svenja
Danke für Deine lieben Wünsche – die Erlebnisse werden wir dann sehr gern mit Dir teilen.