„The land of many rivers“ wird Dominica auch genannt, doch viele weitere Bezeichnungen wären ebenso verdient: Land der paradiesischen Natur, des grünsten Grüns, der tausend Wasserfälle, der freundlichen Menschen. Schon der Empfang in der großen Bucht vor der Hauptstadt Roseau war wohltuend. Ein sympathischer Mensch namens „Seacat“ kam angebraust und fragte, ob wir an einer Mooringboje festmachen möchten. Normalerweise hat es ellenlange unerfreuliche Diskussionen zur Folge, wenn man antwortet, dass man sich erst mal selbst umschauen und dann über den Liegeplatz entscheiden möchte. Doch dieses Mal hieß es nur „okay, ich bin über Kanal 16 zu erreichen“. So konnten wir uns in Ruhe mit „Balou“ und „Sif“ abstimmen, um dann tatsächlich drei Bojen bei Seacat zu buchen. Nach dem Anlegen gab er uns noch hilfreiche Infos zum Einklarieren und zu einer möglichen Tour, letzteres wieder nach dem Motto: denkt in Ruhe drüber nach und meldet euch bei Bedarf – und ohne Geld oder wenigstens ein Bier von uns zu fordern. Wir kamen aus der positiven Verwirrung nicht mehr raus. Sollten wir unsere latente Furcht vor dem Boatboy-Erstkontakt hier beilegen können? Ein klares Ja! Die Jungs haben sich auf Dominica organisiert und die Zuständigkeiten unter sich aufgeteilt. So sind sie nicht gezwungen, sich im Wettkampfmodus auf jede ankommende Yacht zu stürzen, der Umgang miteinander ist freundlich, respektvoll und auf Augenhöhe. Auch das sonst übliche Lügen und Betrügen fällt weg: niemand versucht für eine fremde Mooring zu kassieren und die Preise sind fix.
Auf den tollen Segeltag und die gelungene Ankunft folgte die erste Erkundung der 20.000-Einwohner-Stadt Roseau. Am Weg lag zunächst das Government House, riesengroß und anscheinend dem Weißen Haus in Washington nachempfunden, so dass es hier eher wie etwas Gestrandetes wirkt. Denn ansonsten ist Roseaus Bebauung bunt, kleinteilig, Altes und Neues wild gemischt, die Bürgersteige erinnern an einen Hindernisparcours. Und die Bewohner sind die freundlichsten, liebenswertesten Menschen seit Grenada und Carriacou. Man grüßt sich auf der Straße, „Darling“ ist eine gängige Anrede, Lächeln wird erwidert und erweckt man den Eindruck, die Wegbeschreibung zum Supermarkt nicht ausreichend verstanden zu haben, begleitet einen die ältere Lady mit dem vornehmen Hut halt vorsichtshalber bis zur Tür.
Euphorisiert von der guten Atmosphäre haben wir auch die angebotene Ganztagestour bei Seacat gebucht. Kleine Wanderungen zu mehreren Wasserfällen im Regenwald standen unter anderem auf dem Programm, fernab der Ziele, die üblicherweise von den Gästen der Kreuzfahrtschiffe in Massenbewegungen angesteuert werden. Insbesondere der Weg zu den Middleham Falls entsprach dieser Ankündigung und gefiel uns hervorragend. Joe, unser Fahrer und Guide, führte uns tapfer über die rutschigen Dschungel-Pfade, doch leider war er extremst unsportlich und hatte wohl im Vorfeld darauf gebaut, dass sich durch die Teilnahme der drei zierlichen „Sif“-Töchter Sofie, Rebecca und Rosa das Tempo irgendwo bei „gemütlich“ einpendeln würde, letztere ist schließlich erst neun Jahre alt. Doch die Mädels gaben gewaltig Gas, auch wir sechs Erwachsenen lebten unseren aufgestauten Bewegungsdrang aus und Joe wurde mit der Zeit immer stiller. „Energizer-Bunnies“ nannte er die Mädchen später. Am außergewöhnlichsten war der Weg zu den Titou Gorge Falls: man schwimmt – dummerweise in eiskaltem Wasser – gegen den Strom durch eine enge Felsschlucht bis zu einem Wasserfall, dessen Anblick man so lange genießt wie die Kraft reicht, um sich auf der Stelle zu halten. Dann geht es mit dem Strom treibend zurück. Anschließend kletterten wir noch über große Felsen ein Stück in Richtung Trafalgar Falls, sahen vulkanische Schwefelquellen, den botanischen Garten und zum Schluss den Sonnenuntergang über Roseau. Ein anstrengend-schöner Tag.
Mittlerweile sind wir im Norden Dominicas, vor Anker in der Prince Rupert Bay vor dem Ort Portsmouth. Der Weg hierher war absolut kein Spaziergang: gegen jede Vorhersage bekamen wir Böen von über dreißig Knoten auf die Nase, kamen mit dem Reffen der Segel kaum nach. Dazu Regen, der ins Gesicht peitschte und uns jede Sicht nahm. Kurz vor dem Ziel schwamm uns zunächst ein Haufen Kokosnüsse entgegen, gefolgt von einem halben Wald. Zum Glück hatte da der Regen aufgehört und die größeren Stämme waren gut zu sehen, im Zickzack ging es unter Motor gen Ankerbucht. Ja, man kann tatsächlich auch frieren in der Karibik und für Dominica ist unbeständiges, regnerisches Wetter sogar typisch, nicht umsonst ist die Insel ein so grünes Naturparadies. Heute haben wir, ganz authentisch, Regenwald im Regen erlebt, als wir uns mit Beate und Reiner und der „Schironn“-Crew Sarah und Sven den Indian River hinauf paddeln ließen, eine Tour, die hier fast obligatorisch ist. Motoren sind verboten und unser Guide Sam, genannt „Dinosaur“, hatte ganz schön gegen die Strömung zu kämpfen. Trotzdem zeigte er uns unterwegs Pflanzen und Tiere, darunter beeindruckend große (und angeblich sehr leckere) weiße Krabben, und einen weiteren „Fluch der Karibik“-Drehort, in Teil zwei hauste hier inmitten der Mangroven die Hexe Calypso in einer Holzhütte. Mal sehen, wie oft sich unsere Wege gen Norden noch mit denen von Captain James Sparrow kreuzen. Erst mal bleiben wir noch ein paar Tage hier auf Dominica, trotz des „liquid sunshine“ gefällt uns die Insel super und wir möchten noch Touren auf eigene Faust unternehmen.
Hallo liebe Heiks,
ihr fahrt ein wunderschönes Schiff! Aber beim nächsten Schlag setzt ihr bitte die Kutter Fock ordentlich durch – die Krähenfüße am Vorstag sind bis Europa zu sehen. Auch wenn ihr nur durch die Karibik gammelt, die Segel könnt ihr ruhig ordentlich fahren…
Und da schon nörgeln auf dem Programm steht: Ihr steht in steter Konkurrenz zu Euren Begleitern und Segelfreunden. Und deren Blog (Balou) war jetzt schon zum zweiten Mal aktueller als Euer Blog. Also bleibt dran. 😉
Liebe Grüße vom Schreibtisch, Ludger
yau, die Bootstour und die Krabben kenn ich auch noch. Ist in der Tat ne schöne Insel. Leider waren wir da nicht so lange. Enjoy it! 🙂