Martinique

Sechs ganze Tage lang war Flying Fish nun mit französischer Gastlandflagge unterwegs und der Aufenthalt auf Martinique hat sich für uns tatsächlich angefühlt wie ein Kurzbesuch in Europa, alles wirkte plötzlich so aufgeräumt und organisiert: mehrspurig ausgebaute Straßen mit geregelt fließendem Rechtsverkehr, korrekt angeordnete Häuser, gut sortierte Supermärkte, nicht mit günstigen, aber immerhin mit annehmbaren Preisen in Euro. Die Insel ist ein Überseedépartement und eine Region Frankreichs, entsprechend konsequent und kompromisslos wird Französisch gesprochen, obwohl St. Lucia und Dominica (wo Englisch die offizielle Landessprache ist) nur 37 und 25 Kilometer entfernt liegen. Wir haben hier vor allem Besorgungen kleinerer Ersatzteile erledigt und uns neu verproviantiert. Unsere erste Station Le Marin im Süden ist dafür die beste Adresse, dennoch war der Zeitaufwand immens: mit vollem Einkaufswagen zum Dinghi-Dock rumpeln, dann im Dinghi alles so unterbringen, dass man selbst knapp noch reinpasst zu zweit, vorsichtig durch das riesige Ankerfeld zu Flying Fish motoren, möglichst ohne dass jemand den tiefergelegten Lastenkahn mit seiner Bugwelle flutet, zum Schluss alles rauf auf das Schiff und verstauen. Drei Durchgänge davon hat es gebraucht, nun sind wir wieder für eine Weile versorgt. Da in Le Marin jeder ungefähr das gleiche Programm hat und ein paar Tage bleibt, ging es drum herum entsprechend gesellig zu: „Balou“, „Sif“, „Fenicia“, „Kali Mera“, „Me“, „Schironn“, alle  waren sie dort. Und dann haben noch Eva und Horst von der „Nele“ bei uns angeklopft und erzählt, dass sie unserer Flying Fish bereits Mitte der 90er Jahre in der Karibik begegnet sind, damals waren die ersten Eigner Ina und Franz mit ihrem Sohn hier unterwegs. Ob sie noch manchmal an ihr altes Schiff denken? Hoffentlich waren sie an Bord so glücklich wie wir es sind.

 

 

Von Le Marin aus segelten wir in die gemütliche Ankerbucht Grande Anse d’Arlet und da galt es Entscheidungen zu treffen: in der Gegend bleiben, bis aus dem ab Mittwoch angekündigten (und für unsere Weiterfahrt sehr ungünstigen) starken Nordostwind wieder der übliche Ostwind geworden ist oder ein wenig Gas geben und am morgigen Dienstag noch nach Dominica segeln? Wir entschieden uns für letzteres, verzichteten auf den Besuch der Hauptstadt Fort-de-France, konnten uns dafür heute aber noch Saint-Pierre ansehen, einen Ort mit tragischer Geschichte, der 1635 als erste Inselhauptstadt gegründet wurde und lange das wirtschaftliche Zentrum Martiniques war. Bis im Mai 1902 der Vulkan Montagne Pelée ausbrach. Von der blühenden Stadt blieben nur qualmende Ruinen, knapp 30.000 Menschen kamen um durch Feuer und Gase, ein einziger überlebte: der Sträfling Auguste Cyparis, der wegen Mordes in einem steinernen Gefängnis mit dicken Mauern inhaftiert war. Die Überreste dieses Gebäudes sind ebenso zu sehen wie die des damaligen Theaters und einige andere Grundmauern. Im Musée Vulcanologique sind Fotos und Erinnerungsstücke ausgestellt, darunter viele durch die Hitze grotesk verformte Haushaltsgegenstände und eine Kirchenglocke, die aussieht, als habe eine riesige Faust sie zerquetscht. Das heutige Saint-Pierre ist weit kleiner als das damalige, hat nur 5.000 Einwohner, ist beschaulich, hübsch und sehr französisch.

 

 

Zum Schluss müssen wir leider noch ein aktuelles Unglück erwähnen. Gerade mal zwei Wochen ist es her, dass wir über unsere gemischten Gefühle auf der Insel St. Vincent berichtet haben. Nun macht in den Seglernetzwerken die Nachricht die Runde, dass in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in der Wallilabou Bay eine Segelyacht von zwei Maskierten überfallen, dabei ein Mann aus Bayern getötet und eine weitere Person schwer verletzt wurde. Mittlerweile haben auch deutsche Medien über das Verbrechen berichtet. Jeden, der hier unterwegs ist, berührt diese Tat tief und es tut uns unendlich leid für die betroffene Crew und für deren Familien.

 

Ludger
März 8th, 2016 at 10:25 pm

Liebe Heiks,
wenn die Verbrechen weit entfernt sind, verlieren sie den Schrecken, geschehen sie eine Bucht weiter, ist die Bedrohung sofort viel realer. Aber die angstfreie Betrachtung der Welt ist eine Kunst ohne die ihr nie aufgebrochen wäret.
Ich wünsche euch noch viele gute und friedfertige Begegnungen und eine glückliche und gesunde Heimkehr.
Liebe Grüße vom Schreibtisch, Ludger

DirtyHarry
März 8th, 2016 at 3:49 pm

Hallo Ihr Lieben, umarme Euch hier nur mal und wünsche Euch weiterhin eine aufregende Zeit mit interessanten Erlebnissen und Begegnungen. Also hug,hug,hug
Mal et jut
Grüße von Eva

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