Nahrung aus dem Meer

Die meisten Nachfragen, die uns erreichen, drehen sich um die aktuelle Qualität unseres Zusammenlebens mit Herrn Perkins (nach wie vor sehr harmonisch!), das zweitgrößte Interesse besteht an Heikos Angelfischereibilanz, das kann der gewissenhafte Blogger nicht ignorieren. Also, es läuft eigentlich gut: gerade gestern erst, auf dem Weg hierher nach Martinique, hing ein ordentlich großer Dolphinfish (so heißen Goldmakrelen hier, hat nichts mit Flipper zu tun) am Haken, eine der wohlschmeckendsten Sorten überhaupt. Seit wir Grenada verlassen haben, mussten immer wieder Fischlein dran glauben und landeten auf dem Grill. Andere waren größenwahnsinnige Minderjährige, die nach einer kleinen Kiefer-OP zurück ins Meer durften. Genauso verfahren wir mittlerweile mit sämtlichen Barrakudas, leider dem Fisch, den man hier am häufigsten fängt. Zwar sind auch sie ganz lecker, gehören aber wie Zackenbarsche und Muränen zu den Raubfischen am Ende der Nahrungskette und können somit die Vergiftungskrankheit Ciguatera übertragen. In ihnen reichern sich die toxischen Stoffe bestimmter Geißeltierchen an, die ursprünglich auf Algen und Tang von Korallenriffs siedeln. Die Insel St. Lucia, die nun hinter uns liegt, gilt als die Grenze für Ciguatera, südlich ist man sicher, nördlich wird es riskant. Schon beim zuletzt verspeisten Barrakuda auf Bequia waren wir ein wenig zögerlich, denn wer weiß, ob die Fische solche Regeln kennen und sich daran halten?! Und Ciguatera ist wirklich eine Krankheit, die kein Mensch braucht. Selbst wenn man nicht zu den sieben Prozent gehört, die daran sterben, ist das ganze kein Spaß: neben den Klassikern (Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen) bekommt man als Bonus noch Taubheitsgefühle im Mundbereich und Hautausschläge. Das originellste Symptom ist die Umkehrung des Heiß-Kalt-Empfindens.

 

 

Tja, die angenagten, abgerissenen oder abgebissenen Köder zählen wir längst nicht mehr und in jedem Tackle-Shop werden die Vorräte an Gummisquids (die erfolgreichsten Köder), Blei, Haken, Wirbeln und Vorfächern wieder aufgestockt. Auf der aktuellen Wunschliste ganz oben steht derzeit Thunfisch, den haben wir ewig nicht mehr gefangen, obwohl es ihn hier definitiv gibt. Doch eine andere Leckerei fügen wir dem Speiseplan gelegentlich hinzu: Conch, auch Lambi genannt. Das ist die karibische Meeresschnecke mit dem riesigen (bis dreißig Zentimeter großen), innen rosa bis pink schimmernden Gehäuse, auf Deutsch heißt sie Große Fechterschnecke. Selbst vom Meeresgrund holen darf man sie nicht, aber man kann sie Fischern abkaufen. Das haben wir neulich getan und gleich gefragt, ob und wie man die Tiere grillen kann. Kein Problem, sagte der Fischer nach einem Schluck Rum, einfach Limettensaft, Salz und Pfeffer drauf und dann auf den Grill! Leider hat er wohl den Zwischenschritt „ich gebe die Schnecken meiner Frau und die weiß, was noch zu tun ist, um sie genießbar zu machen“ vergessen, denn unser Ergebnis erinnerte an sehr dicke Schuhsohle, absolut nicht runterzukriegen. Doch im zweiten Teil der Versuchsreihe haben wir die Tiere vorgekocht und dann etwas raffinierter asiatisch gewürzt – klasse, kaum macht man es richtig, schon schmeckt es! Nun haben wir noch Seeigel auf der kulinarischen To-do-Liste, mal schauen, ob sich da eine Gelegenheit ergibt. In der Zwischenzeit wird natürlich weiter gefischt.

 

 

Klaus-Reiner Esser
März 7th, 2016 at 5:13 pm

Liebe Heiks, das neue Jahr ist schon im dritten Monat angekommen … Laptop zickte, dann hatte ich lange keine Zeit und nun habe ich mich wieder über etliche Wochen „upgedatet“. Was las ich da , „übergewichtige Schildkröten müssen für Bikini-Figur abspecken“ … tssse, tssse … hat der Schlankheitswahn nun auch die Karibik erreicht? Dir lieber Heiko weiterhin Petri heil, viele und schmackhafte Fische am Haken und wenig Fischfriedhöfe

Ludger
März 4th, 2016 at 4:17 pm

Liebe Heiks,
die „Seeigel kulinarisch“ haben mir keine Ruhe gelassen, sind sie doch aus meiner Erfahrung eher als Waffe geeignet. Und den perforierten Fisch – Rumpf habe ich erst die Tage beim Bilder sortieren fürs Jahrbuch vor Augen gehabt. Die Löcher stammten vielleicht doch vom Ijsselmeerigel!
Ich habe jedenfalls in einer der wenigen ruhigen Minuten am Schreibtisch das Thema noch einmal begoogelt. Die Bloggerin Claudia Schulte beschreibt eher die Sushi Variante des gemeinen Mittelmeerseeigels – vielleicht geht’s mit den karibischen Stacheltieren ja auch:

http://www.gosoutheast.info/2013/04/seeigel-essen-apulien.html

Seit vorsichtig beim essen und berichtet fleißig weiter.
Liebe Grüße vom Schreibtisch, Ludger

tadeja und herbert, kali mera
März 4th, 2016 at 5:00 am

Sind heute auch in Martinique eingetroffen. Ein kleiner Thunfisch, schon verspeist. War heute im marine-shop und hab mich gefühlt wie im Schlaraffenland. Und endlich wieder Wein. Und freundliche menschen (nicht wie in st. Vincent). Wo seid ihr? Treffen wäre super. Lg kali-mera

Ludger
März 2nd, 2016 at 8:03 pm

Liebe Heiks,
an Eurer kulinarisches Wohl habe ich noch nie gedacht – immer hatte ich die Grundversorgung Eures stählernen Fisches im Hinterkopf. Damit ihr das mit den Schuhsohlen nicht noch einmal erlebt, anbei ein Rezept für Seeigelrogen!

Zutaten: 20 St Seeigelrogen, 400 g Spaghetti,
1 Stk. Knoblauchzehe,1 Stk. Chili, 4 EL extra vergines Olivenöl (Kein Motoröl!), 1 EL Semmelbrösel, Petersilie.

Die Seeigel werden wie ein hart gekochtes Ei mit einem Messer rund um den „Äquator“ aufgeklopft. Vorsicht, spitze Nadeln. Dann schüttet man sie so gut es geht aus, um das darin enthaltene Wasser mitsamt den grünlichen oder schwarzen Verdauungsresten zu entfernen, und löst den an der Wand haftenden orangefarbenen Rogen aus und stellt diese auf die Seite, dann in Salzwasser (habt ihr ja genug!) die Spaghetti al dente kochen. In einer Pfanne im Olivenöl bei mäßiger Hitze die gehackte Knoblauchzehe ein wenig anbräunen, die zerkrümelte Chilischote, die gehackte Petersilie (wo auch immer ihr die her bekommt) und die Semmelbrösel zufügen und kurz mitbräunen. Die Spaghetti darin wenden, jetzt den Seeigelrogen untermischen und sofort auf vorgewärmten Tellern servieren.
Herzliche kulinarische Grüße vom Schreibtisch, Ludger

Thomas
März 2nd, 2016 at 7:41 pm

Freue mich wieder von euch zu lesen. Da kommen (schöne) Erinnerungen hoch. Einen Dolphinfisch haben wir damals auch gefangen und verspeist. In der Tat sehr lecker :). Bezüglich Barrakuda galt bei uns damals die Regel: nur essen wenn nicht länger als 1m (da sonst zu lange Giftstoffe angereichert). Das war aber 2002 und an die Ciguateragrenze bei St. Lucia kann ich mich allerdings nicht errinnern. Vielleicht sind das schon die Auswirkungen der Intoxination :). Euch weiterhin eine wunderschöne Reise. Liebe Grüße aus Berlin.

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