Adeus Madeira!

Es geht weiter, wir verlassen Portugal und segeln tatsächlich ab morgen die 270 Seemeilen Richtung Südost nach La Graciosa, unser letzter längerer Schlag, bevor es im Dezember richtig ernst wird. Am Montag planen wir dort anzukommen, wobei wir eventuell auch direkt weiter müssen zur nächsten Insel Lanzarote. La Graciosa ist Naturschutzgebiet und man braucht ein Permit, das wir (genau wie diverse andere Crews hier) schon vor geraumer Zeit beantragt haben, leider bei uns allen ohne Reaktion seitens der zuständigen Behörden.

Madeira konnte unsere Herzen letztlich nicht so leicht erobern wie andere Orte, aber es herrschten auch wirklich erschwerte Bedingungen: seit gefühlt einer Ewigkeit plagt uns ein nervtötender Regen-Wind-Mix, wie wir ihn bisher nicht hatten. Regen senkrecht, Regen quer, alles dazwischen, mit und ohne Gewitter. Die Kuchenbude ist wieder im Einsatz, es gab ein paar schlaflose Nächte, in denen die Stege laut knarzten und wir uns um die Festmacherleinen sorgten, das Meer ist aufgewühlt. Die Aktivität, auf die wir uns hier am meisten gefreut hatten, nämlich exzessives Wandern, fiel leider weitgehend flach, auch ein weiterer Tauchgang war nicht drin. Um überhaupt etwas zu unternehmen, haben wir uns per Mietwagen über die Insel bewegt, sind – möglichst zwischen den Schauern – durch ein paar nette Küstenörtchen geschlendert und waren beeindruckt: überall hatten sich schlammige Bäche und Flüsse gebildet, stürzten die steilen Berge hinunter Richtung Meer, zahlreiche Steinschläge und kleine Erdrutsche gab es zu umfahren, Straßen waren gesperrt. Keine Ahnung, wie viel an Substanz die Insel bei solchem Wetter jedes Mal verliert. Am berühmten Cabo Girao verbrachten wir einige Zeit auf dem Skywalk in 580 Metern Höhe oberhalb der Steilküste, fasziniert von den umherwabernden Wolken, ein ständiger Wechsel von „Sicht an“ und „Sicht wieder aus“ in kürzester Zeit und man steht mittendrin.

 

 

Ein Highlight war der Besuch des MUDAS-Museums in Calheta im Westen der Insel. Es ist etwas bizarr, man muss dort wirklich, wirklich hin wollen. Zunächst mal gilt es zu bemerken, dass dieses Museum überhaupt existiert, beispielsweise indem man in Funchal zufällig oder nach Reiseführer-Lektüre auf dessen alten Standort stößt, das historische Santiago-Fort, wo ein handgeschriebenes Schild hängt, das auf den Umzug nach Calheta hinweist. Dort selbst gibt es nicht einen einzigen Wegweiser, aber Augen aufhalten und Vermutungen anstellen hilft weiter: aha, das große, moderne Gebäude oben auf dem Hügel könnte es vielleicht sein. Doch wo zur Hölle ist der Eingang? Um es kurz zu machen: irgendwann waren wir drin. Der Eintritt kostet zierliche vier Euro pro Person, sehr erstaunlich, denn eigentlich ist auf Madeira alles ziemlich teuer, gerne mit einem leichten Nepp-Beigeschmack. Hier nicht: man wandelt durch ein beeindruckendes Gebäude des Architekten Paulo David, fertiggestellt 2004, mit lichten Räumen und geschmackvoll arrangierten Werken zeitgenössischer portugiesischer Künstler. Vieles davon hat uns gut gefallen, doch leider bekommt man über Titel, Entstehungsjahr und Materialien hinaus keinerlei Hintergrundinformationen. Die Werke sind einfach gruppiert nach Kategorien wie „Porträt“, „Landschaft“, „Figurativ“ und „Non-Figurativ“ – fertig.

 

 

Heute, am letzten Tag, schien dann tatsächlich noch mal die Sonne, so dass wir mit der frisch aus Deutschland zurückgekehrten Beate von der „Balou“ noch eine  Rundfahrt zum Nordwestzipfel der Insel nach Porto Moniz unternommen und uns auf dem Rückweg die Gegend um Rabacal angesehen haben (der dazugehörige Reiner hatte leider während der letzten zwei Wochen bei der Abarbeitung seiner To-do-Liste getrödelt und musste an Bord nachsitzen). Die Natur hier ist wirklich ein Traum in grün, besonders die hügeligen Lorbeer-Urwälder in der Inselmitte. Doch wieder haben wir festgestellt, dass wir uns nicht der Zielgruppe zugehörig fühlen. Beim Näherkommen ist alles ein wenig überkultiviert und zu bemüht. Die Wanderwege könnte man teils auch mit dem Auto befahren, solche Dimensionen haben sie, die Wildnis wirkt, als hätten riesige Gärtner-Geschwader sie gezähmt. Wunderschön, aber alles sehr clean. Naja, schmutzig wurde dafür die Rückfahrt: als wir die Supermarkt-Tiefgarage verließen, hatte es wieder zu schütten begonnen wie aus Eimern und wir missbrauchten unser kleines Schrottauto ein weiteres Mal als Amphibien-Fahrzeug.

 

 

Insgesamt wurde der Mangel an Möglichkeiten draußen spielend wettgemacht durch die Geselligkeit hier innerhalb der Marina Quinta do Lorde. Das ist die positive Seite an Schietwetter: man ist nie lange alleine damit, immer sammelt sich schnell die Langfahrtsegler-Gemeinde und tut sich zusammen. Es gab schön lustige Abende an Bord aller möglicher Schiffe in britisch-dänisch-niederländisch-deutschen Runden. Ein paar Fish-Reparaturen und Wartungsarbeiten haben wir außerdem erledigt, aber unter dem Strich sind wir ganz schön fett und faul geworden hier auf Madeira. Heute früh verabschiedete sich Heiko zum Duschen und sagte statt „tschüs“ versehentlich „guten Appetit“. Noch Fragen?! Wird also wirklich Zeit, dass es weiter geht…

Ludger
Oktober 26th, 2015 at 8:02 pm

Immer wieder montags ist Fish Tag – aber diesmal habt ihr wohl schon am Samstag gepostet und Euer „Wo ist der Fish“ – Fenster zeigt mir, dass ihr so 5 mm vor La Graciosa steht. Die vielen guten Wünsche Eurer Fangemeinde und Eure Seemannschaft haben also mal wieder geholfen. Ich hoffe, dass ihr während ich diese Zeilen tippe, nach sicherer Ankunft den Anker in den schwarzen Sand einer sicheren Bucht fallen lasst. Grüßt mir Lanzarote und die Kultstätten von Cesare Manrique, dem großen Sohn der Insel. Dort haben wir schöne Wochen mit den Kindern verlebt. Herzliche Grüße vom Schreibtisch, Ludger

Gunther
Oktober 25th, 2015 at 3:55 pm

Hallo liebe Heiks
Immer wieder schön von euch zu lesen,ich bin nun schon wieder 2 Wochen mit aragorn zwischen gran canaria, Teneriffa und la gomera unterwegs und genieße das warme wetter total. Bezüglich eurer wanderabsicht auf La Palma kann ich nur sagen ihr versäumt nix, hier sind auf allen Inseln die Berge ständig und dauerhaft in Wolken verhüllt. Dass ist im Winter hier so, da hättet ihr ein paar Monate warten missen um die berühmten tolle Aussichten zu erhaschen….Auch hier regnet es ab und zu heftig aber dann ist es schnell wieder schön warm inklusive dem Meer, in das man jederzeit springen kann ohne einen frostschock zu kriegen….übrigens, fahrt in Lanzarote unbedingt die Marina rubicon an,ist seeeehr schön
See u irgendwann hoffentlich
LG
Gunther

Dody
Oktober 24th, 2015 at 7:27 pm

Wuensch‘ Euch ’ne froehliche Ueberfahrt mit ganz vielen Delfinen! hugs x

Thomas
Oktober 24th, 2015 at 12:40 pm

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Das mit dem „guten Appetit hat er in Warns auch schon gemacht, im Dus Haus 🙂

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