Nach „fest“ kommt „ab“

So laeuft das mit Schiffen, irgendwas ist immer. Eigentlich wollten wir nur kurz ein wenig Motorunterstuetzung in der gestrigen Flaute, als sich beim Starten zeigte, dass sich ein Luftblaeschen ins Dieselsystem geschlichen hat. Eine Standardsituation, kann immer mal wieder passieren, Motor entlueften ist fuer uns bekanntlich Routine. Bloss dieses Mal brach dabei die wichtigste Entlueftungsschraube, die an der Einspritzpumpe, beim Zudrehen einfach ab. Ausgerechnet die, die wir auf St. Martin noch voller Vorsicht und Weitblick ersetzt hatten, weil uns das Original zu verschlissen erschien. Materialfehler? Minderqualitaet? Egal, ein echter Witz jedenfalls: da hat man eine perfekt gewartete, vollgetankte, absolut rund laufende Maschine im Keller, die nicht benutzbar ist, weil so einer kleinen scheiss Gewindeschraube einfach der Kopf abreisst! Der Tag verging mit Gruebelei, Diskussionen, kleinen Versuchsreihen mit unterschiedlichen Materialien und sehr kreativen Reparatur-Simulationen, denn die betreffende Stelle am Motor ist kaum zugaenglich. Letztlich spielten Zweikomponenten-Spachtelmasse und der Deckel einer Zitronensaftflasche die Hauptrollen bei der Abdichtung des Ganzen, assistiert von zweckentfremdeten Schraubendrehern und Tesafilm und begleitet von viel Gefluche, das hier besser nicht zitiert wird. Es hat im Prinzip funktioniert, im Moment laeuft der Motor tadellos. Doch eine winzige Menge Diesel tritt aus und wo Diesel austritt, kann auch Luft rein, sobald wir wieder segeln. Bis zu den Azoren motoren koennen und wollen wir natuerlich nicht und die gleiche Reparatur noch mal ist nicht moeglich. Wir werden also die Maschine ein paar Mal am Tag kurz starten, mit ein bisschen Glueck bleibt das System dadurch stabil, dass in kurzer Zeit nicht zu viel Luft hinein kann. Aber eigentlich rechnen wir damit, die Azoren letztlich ohne Motorunterstuetzung erreichen zu muessen. Das nervt natuerlich, ist aber nicht soooo schlimm oder aussergewoehnlich. Erst letzte Woche hat es die „Antares“ mit Getriebeschaden in den Hafen von Horta geschafft und noerdlich von uns sind die „Paloma“ mit ausgefallenem Motor und die „Sif“ ohne Sprit unterwegs. Erst mal muessen wir sowieso unser Tempo gering halten, denn es naht ein fieses Tief, in dessen Kern es mit bis zu 60 Knoten weht, da wuerden wir uns gern sehr am Rand halten und es vor uns durchziehen lassen.

Lindenthaler
Mai 30th, 2016 at 10:47 pm

Liebe Heiks!
Dies ist euer erster Blog, den ich unseren Eltern gerne vorenthalten würde… passt auf euch auf!!!

Annette
Mai 30th, 2016 at 9:36 pm

Hej ihr Heiks,
lasst euch nicht unterkriegen, weder von fiesen Tiefdruckkringeln noch von bröseligen Schraubenköpfen!! Denkt an den vor Neid erblassenden McGyver, wenn er das Zitronendings erblickt hätte!
Wir schicken euch Grüße und die besten aller Wünsche ins große Blau,
Annette und Christian

Ludger
Mai 30th, 2016 at 6:33 pm

Liebe Heiks,
wir waren bis gestern Abend auf dem zahmen Ijsselmeer unterwegs und ich sehe daher erst heute Euer Dilemma. Mrs, Perkins ist offensichtlich noch leicht pikiert! Eine französisch stämmige Schraube mitten ins Herz von Mrs. Perkins! Und vermutlich noch mit EG Subventionen bis in die Karibik transportiert – da spukt die vornehmste Engländerin in die Bilge.

Ich hoffe, dass ihr gerade nicht heftig durchgeschüttelt werdet. Das Tiefdruckgebiet sieht furchterregend und sehr beeindruckend aus. Eure Position passt unangenehm genau zu den vielen Kringeln mit dicken Böen. Ich drück Euch die Daumen und denke an Euch – Fair Winds, Grüße vom Schreibtisch, Ludger

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