Wie Gott in Frankreich

Wir haben uns prima arrangiert mit unserem ungeplanten Aufenthalt in der Bretagne. Am Freitag kam das Wetter vorbei, das uns auf der Biskaya erwischt hätte, eine eindrucksvolle Bestätigung, dass die Kursänderung eine schlaue Entscheidung war: hier im Port Vauban blies es mit bis zu 34 Knoten, jeder blieb besorgt in der Nähe seines Bootes und zuppelte an den Festmacher-Leinen. Ein Steg ist gebrochen und wurde schnell mit Stahlketten geflickt, Flying Fish lag auf Legerwall und hatte ein paarmal mächtig Krängung, doch netterweise ist kein Fender geplatzt. Noch etliche Tiefs sind bis heute durchgezogen, teils mit fiesen Böen und Regen, doch dazwischen gab es herrliche Abschnitte. So konnten wir eine Wanderung über die Crozon-Halbinsel zum Pointe de Penhir unternehmen. Die Küste ist spektakulär und an rauer Schönheit kaum zu übertreffen: schroff und felsig und immer wieder durch herrliche Sandstrände unterbrochen, wo das Meer in der Sonne türkis schimmert, oberhalb dagegen Blütenmeere in violett. Und wie in England wird auch hier die Geschichte nicht in Vergessenheit geraten, alle paar hundert Meter stößt man auf Kriegshinterlassenschaften, Bunkeranlagen und Denkmäler.

 

 

Camaret-sur-Mer selbst ist ein charmanter kleiner Ort, es gibt einen Haufen einladender Kunstgalerien und Gastronomie. UND es gibt einen Supermarkt, dessen Sortiment dafür mitverantwortlich ist, dass wir uns von unserem fast-vegetarischen Lebenswandel ziemlich weit entfernt haben. Ein bis zwei Mal täglich fallen wir dort ein und versorgen uns mit herrlichen französischen Schweinereien, Paté und Rillettes quer durch das Tierreich, leckeren Käsesorten und natürlich rotem Wein. Ein kulinarisches Fest, vor allem, wenn man vorher ein paar Wochen lang in England unterwegs war. Allerdings sind wir auch schon an unsere Gourmet-Grenzen gestoßen: Heiko hatte nämlich eine neue Strategie ausprobiert, um dem Meer seine Köstlichkeiten zu entlocken. Statt sich selbst mit seinen Angelgerätschaften in Geduld zu üben, hat er sich einfach mit einem bretonischen Fischer angefreundet, der in der Nähe unseres Liegeplatzes Araignées de Mer aus dem Wasser holte, eine nach der anderen. Seespinnen sind das, große Krabben eigentlich, sie gelten als Delikatesse. Vier dieser zur Tarnung dicht mit Algen bewachsenen Tiere hat er im Tausch gegen eine Flasche deutschen Rotweins bekommen, das ist ein Eimer voll. Dazu die Anleitung: Araignée in einen Topf mit kaltem Wasser setzten, dieses langsam erhitzen bis es kocht, dann noch eine Viertelstunde und sie sind gar. Das haben wir nicht über’s Herz gebracht. Unsere Internetrecherche ergab, dass man sie auch wie Hummer garen kann, also kopfüber in kochendes Wasser gibt. Schlimm genug. So haben wir zwei der Tiere zubereitet und das ausgelöste Krebsfleisch mit frischer Pasta und geschmolzenen Strauchtomaten verzehrt. Es schmeckt in der Tat sehr gut, doch die Ausbeute ist derart gering, dass wir ein recht schlechtes Gewissen hatten. So durften die zwei im Eimer verbliebenen Spinnenkollegen zurück in die Freiheit. Hoffentlich haben sie ein Gedächtnis und tappen nicht noch mal in die gleiche Falle, von uns haben sie jedenfalls nichts mehr zu befürchten.

 

 

Blog 150728_B14_klTja, dann gibt es leider auch mal wieder was aus der Pleiten-Pech-und-Pannen-Abteilung zu berichten. Direkt an unserem ersten Abend hier hat sich ein Paar aus Kiel mit einer recht großen Yacht an unserer Steuerbordseite als zweites Schiff ins Päckchen gelegt. Morgens wollten sie bei leichtem ablandigem Wind ablegen, sind dabei an ihren Gashebel gekommen und in unsere Seite gekracht. Wir selbst waren nicht an Bord, aber ein englischer Stegnachbar erzählte, dass es ein gewaltiger Einschlag war, den ein GFK-Schiff nicht ohne strukturelle Schäden überstanden hätte. Nun ist eine Relingstütze komplett verbogen und aus dem Deck gerissen, bei weiteren ist (durch den Ruck nach achtern) unten der Lack aufgeplatzt. Außerdem haben wir noch Beulen und Lackschäden außen am Rumpf. Vor Ort gibt es nur ein Unternehmen, das all dies reparieren könnte und von dem versuchen wir nun seit Tagen einen Kostenvoranschlag zu bekommen. Bisher wurden wir drei Mal vertröstet. Mündlich haben wir immerhin erfahren, dass die Reparatur zwischen einer und zwei Wochen in Anspruch nehmen würde. Die Zeit haben wir natürlich nicht. Also fahren wir zerbeult weiter und werden schon bald eine Menge frischen Rost aus nächster Nähe zu sehen bekommen. So viel zu drei Jahren Knochenarbeit und Investitionen, um Flying Fish schön und hochseetüchtig zu machen… Naja, wenigstens ist niemandem etwas passiert. Bleibt jetzt nur zu hoffen, dass die Versicherung des Unfallgegners sich bei der Abrechnung fair verhält.

Blog 150728_B15_klSo verging die Zeit hier insgesamt wie im Fluge, zumal es recht gesellig zugeht im Hafen. Allein drei weitere (sehr nette!) deutsche Crews warten mit uns auf die Gelegenheit zur Biskaya-Überquerung, dazu einige Engländer, Belgier, Schweden. Hauptthema ist natürlich die Großwetterlage, bei jeder Gelegenheit werden Gribfiles und Downloads verglichen und Abfahrtzeiten diskutiert, ein großer Spaß. Und morgen ist es tatsächlich so weit: Biskaya, der zweite Versuch. Über die genaue Abfahrtzeit entscheiden wir heute Abend, aber fahren werden wir auf jeden Fall. Also drückt uns gerne wieder die Daumen!!! Dazu noch eine Neuerung auf unserer Homepage: es gibt jetzt die Seite „Position“, wo wir auch von unterwegs über Kurzwelle unsere GPS-Daten tracken können. Allerdings ist das noch nicht wirklich erprobt. Sollten dort also keine Updates erscheinen, ist dies technisch bedingt und bedeutet auf gar keinen Fall, dass wir gesunken sind!

Hufi und Mo
Juli 30th, 2015 at 8:19 pm

Hallo ihr Lieben! Wir verfolgen euer Arbenteuer mit Spannung und drücken Euch die Daumen für weiterhin gutes Gelingen (lasst die spanischen Werften einfach mal links liegen!). Wir sind gerade auf Womo-Tour durch Litauen. Liebe Grüße aus Vilnius! Hufi, Mo, Ally & Sean

Ludger
Juli 29th, 2015 at 7:57 am

Gute Reise – begleite Euch vom Schreibtisch aus…. Ludger

Jens
Juli 28th, 2015 at 10:48 pm

Hallo ihr 2,
Wenn ihr weiter so an Frankreich’s Küste entlangsegelt, kann ich Euch gerne zwischen Les Sables d‘ Ollone und La Rochelle, frisches Baquette vorbeibringen.
Alles Gute,
Jens von BdB

Joana Elisa
Juli 28th, 2015 at 10:24 pm

hihi die Spinne sieht eher begeistert aus als Heiko 😀 ohje für Beulen und juhuu für französisches Schlemmen und einen neuen Biskaya-Versuch -Bonne chance! 🙂

WMM
Juli 28th, 2015 at 10:10 pm

Also dann auf Richtung Iberische Halbinsel: „wie Gott über die Biskaya“, wenn auch mit Schürfwunden am fish, aber mit Seespinnen im Bauch sollte nix schief gehen! Köln schickt passenden Wind mit besten Gedanken
Die Tiefers

Carsten
Juli 28th, 2015 at 8:19 pm

Hallo Ihr Zwei Gourmetsegler,
Kleiner Bericht aus Eurem alten Revier in NL
Samstag kam euer tief dann hoch und traf in Den Oever mit bis zu 60 kn ein , und es gab vom Fischmarkt nur kleine verwandte Lingustini.
Dafür waren sie schon tot .
Wir hoffen , daß euch das gute Wetter und das gute Essen holt bleiben , und denk dran Heike , sei am Samstag schneller als Heiko , es ist wieder der Erste
Erste.
Ganz liebe Grüße Von Uns
S und C

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