Sonne, Mond und Sterne

Viel gemuetlicher und angenehmer als in den letzten Tagen kann es mitten auf dem Atlantik wohl kaum sein. Wir sind tatsaechlich am Freitag in eine Flaute geraten, mussten zwei Tage lang motoren, weil sich kein Lueftchen regte. Dann setzte wieder leichter Wind ein, der bis jetzt anhaelt mit Staerken zwischen zwei und vier Beaufort aus Sued bis Suedost. Da sich vor uns immer wieder Flautenzonen bilden koennen, wollen wir Diesel sparen und wringen jeden wehenden Hauch geradezu aus, damit er uns voran bringt, staendig werden die Segel getrimmt und der Kurs angepasst. Meistens machen wir einen roten Punkt ins Meer, dann ist unser hundert Quadratmeter grosser Blister im Einsatz, den wir mittlerweile nicht nur auf Halbwind- und Raumschotskursen fahren (Wind von der Seite oder von schraeg hinten, dafuer ist ein Blister eigentlich gedacht), sondern auch bei Wind von achtern, indem wir ihn vor Flying Fishs Bug zu beiden Seiten ausbaumen und wie einen Spinnaker behandeln. Schnell sind wir unter dem Strich nicht unterwegs, aber das Segeln macht Spass und strengt dieses Mal kaum an, kein Vergleich zu der bleiernen Muedigkeit auf dem Weg in die Karibik, wo es nur hin und wieder laengere ganz entspannte Genussmomente gab. Davon haben wir nun reichlich, ausgerechnet waehrend der Flaute wurde uns das erstmals klar. Wir sassen gegen Abend an Deck und konnten uns kaum fuer eine Blickrichtung entscheiden: im Westen ging mit viel Farb- und Wolkenspektakel die Sonne unter und liess die glatte See ganz unwirklich rosa schimmern, was gleichzeitig im Osten der leuchtende Vollmond als Spiegel fuer einen glanzvollen Aufgang nutzte. Das alles, waehrend am Heck ein frisch gefangener Dolphinfisch auf dem Relinggrill brutzelte. Ich glaube, an diesem Tag verliessen uns die Hektik und das Gefuehl, immer mindestens fuenf Knoten segeln zu muessen. Wir sind mittlerweile auf der Hoehe von Bermuda angekommen, befinden uns allerdings schon 400 Seemeilen weiter oestlich, steuern also die Azoren ohne Zwischenstopp an. Noch 1.300 Seemeilen Luftlinie sind es bis dorthin, allerdings segeln wir immer noch im grossen Bogen nach Norden und nicht direkt auf die Inseln zu, sonst wuerden wir in den absolut windstillen Kern des Azorenhochs geraten. Jeden Abend funken wir mit den Kollegen, die einen Tag vor uns gestartet sind, ihnen geht es aehnlich gut wie uns, manchmal haben wir Glueck und koennen sogar mit den Crews von „Balou“ auf Tobago und „Olgalou“ in Marigot sprechen. Ansonsten ist hier rein gar nichts los, keine Schiffssichtungen seit Tag drei, keine Zwischenfaelle, nur wir und Flying Fish und das Meer und ein unglaublich weiter Himmel.

Malte
Mai 26th, 2016 at 6:05 pm

Ahoi!
Ich starte am Montag von Saint Martin in Richtung Azoren. Habt ihr Kurzwelle an Bord, kann man Euch irgendwie erreichen?
Fair winds,
Malte

Holger
Mai 25th, 2016 at 2:41 pm

Ahoi Sailors!
Ich drücke Euch die Daumen, Mast- und Schotbruch, beständigen Wind aus Eurer Lieblingsrichtung und nicht soviel Gegenstrom.
Kommt gut wieder nach Hause in die alte Welt;
Ein grossartiges Abenteuer!

Sven
Mai 25th, 2016 at 2:36 pm

Entspanntes Dasein auf den Wellen – so soll es doch sein.
Ich freue mich, dass Euch nach 372 Tagen auf See jetzt endlich die Hektik verlassen hat ;-))
Also, ruhig weitersegeln und munter bleiben!

Ludger
Mai 25th, 2016 at 12:50 pm

Der Fisch und das Meer, die neue Novelle der Heiks – Gänsehautfeeling!
Erdmann (Johannes) dümpelt unterbrochen von einigen Tiefdruckausläufern ca. 400 Meilen vor Euch rum, der andere Erdmann hat sich gerade nach Skagen gequält. Ihr seht, die Seglerwelt ist unfassbar klein geworden. Aber das täuscht doch darüber hinweg, dass ihr ganz, ganz allein da draußen seid. Bleibt wachsam – immer! Viel Glück weiterhin. Und ich lass den Wettergott weiterhin in Ruhe – versprochen. Scheint weit besser zu funktionieren als die Tanzerei!
Grüße vom Schreibtisch, Ludger

PS: Am Wochenende segelt die Seglergemeinschaft Lohheider See in Konstanz den zweiten „Spieltag“ in der zweiten Segelbundesliga. Sohn Matthias steuert. Bitte alle fest die Daumen drücken. In den Auftaktrennen haben wir uns mit dem 7. Platz super positioniert.

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