Saba

Schroff und steil ragt Saba aus dem karibischen Meer, in der Mitte der erloschene Vulkan Mount Scenery, 877 Meter hoch und somit die höchste Erhebung des Königreichs der Niederlande. Die nur dreizehn Quadratkilometer große Insel sieht aus der Ferne erst mal nicht aus, als wolle sie unbedingt bewohnt werden, so kühn kleben manche Häuser an den Hängen. Und tatsächlich haben die Menschen hier einiges leisten müssen, um die Grundlagen für ein angenehmes Leben zu schaffen. So galt lange der Bau einer Straße als unmöglich, darüber waren sich die befragten Ingenieure aus den Niederlanden und der Schweiz einig. Bis in den 1930er Jahren der Insulaner Josephus Lambert Hassell kurzerhand ein Fernstudium in Bauingenieurwesen absolvierte und beschloss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Gemeinsam mit anderen Einheimischen baute er von 1938 bis 1958 „The Road“, die einzige Straße der Insel. Sie ist knapp fünfzehn Kilometer lang und hat teils abenteuerliche Kurven und Gefälle, wird aber heiß geliebt und entsprechend frequentiert: die rund 1.800 Menschen hier besitzen allen Ernstes 800 Autos und schaffen es sogar, in ihrem Hauptort The Bottom kleine Staus zu produzieren. Ein Busnetz existiert nicht, aber netterweise reichte meist ein bedürftiger Blick und wir wurden von einem der auffallend freundlichen Inselbewohner ein Stück mitgenommen.

 

 

Dadurch konnten wir beim Wandern mehr Gegenden erkunden als gedacht, ein großes Vergnügen und sehr abwechslungsreich. Zunächst zog es uns zur Ladder Bay, die bis in die 1940er Jahre der einzige Zugang zur Insel war. Sämtliche Güter und Lieferungen mussten dort angelandet und am Zollhaus vorbei die steilen Stufen des Ladder Trail hinauf nach The Bottom geschleppt werden. Ganz ehrlich, wir waren schon ziemlich geschafft, als wir nur uns, ohne Gepäck, runter und wieder rauf bewegt hatten und die Brandung in der steinigen Bucht war so beeindruckend, dass wir nicht mal in Erwägung gezogen hätten, dort mit einem Boot in die Nähe des Ufers zu fahren. Auf alten Fotos, die im Supermarkt hängen, konnten wir später sehen, dass die entsprechenden Manöver tatsächlich ziemlich spektakulär und riskant waren. Nach einem Abstecher in die Well’s Bay zog es uns Richtung Osten zum Crispeen Track, der durch lichten Regenwald zum zweitgrößten Ort Windwardside führt. Die Wanderwege hier gefallen uns super: sie sind ausreichend beschildert, anspruchsvoll und nie langweilig, für fünf Dollar bekommt man die Saba Hiking Map, mit der man sich prima zurecht findet. Einen einzigen Weg gibt es, den man nur mit Guide gehen soll, weil sich einfach zu viele Leute verirrt haben, den North Coast Trail. Wir haben uns den Einstieg angeschaut und sind der Überzeugung, dass dies seine Berechtigung hat. Eher einförmig sind die Orte auf Saba: weiße Giebelhäuser mit rotem Dach, die aussehen, als seien sie alle zu einer Zeit vom selben Architekten gebaut worden. Sind sie definitiv nicht, die Menschen haben wohl einfach das Bedürfnis nach Harmonie im Stadtbild.

 

 

„The unspoiled Queen“ wird Saba auch genannt und wir finden den Namen ganz passend. Denn insgesamt macht es die Insel ihren Besuchern nicht leicht, sie zu erobern und zu entdecken, besonders als Segler muss man hier wirklich sein wollen. Es gibt zwei Stellen mit Moorings für Yachten: erstens die Fort Bay im Südwesten, eine halbe Stunde Fußweg unterhalb von The Bottom. Hier muss jeder zunächst her kommen, um die Einklarierungsformalitäten zu erledigen, außerdem ist dies heutzutage der einzige Ort, an dem man an Land gehen kann. Die drei Gästemoorings liegen allerdings verdammt weit weg vom Dinghi-Dock und bezaubern zusätzlich durch den Blick auf eine Schrottkippe und ein paar Baustellenfahrzeuge. Schon wegen der Entfernung überlegt man sich jede Fahrt sehr genau, doch dann ist da noch der Schwell, für den Saba bekannt ist. Es schaukelte so heftig, dass wir uns an die Atlantiküberquerung erinnert fühlten, entsprechend waren Antirutschmatten und massig Bändsel im Einsatz und zwei Nächte lang schlief einer von uns in der Leekoje, der andere hat sich im Bug verkantet. Das Problem: die Insel ist rund und so klein, dass die Wellen drum herum schlagen und es bei Wind keine wirklich geschützte Stelle gibt. Geringfügig angenehmer war es in der Well’s Bay im Nordwesten, das ist die zweite Stelle mit Mooringbojen. Dort liegt man schön und einsam vor hohen Klippen, kann super schnorcheln an verschiedenen Spots, sieht bunte Korallen, Fische, Meeresschildkröten, hat aber keine Chance, irgendwo an Land zu gehen und mal eine Auszeit vom Schwell zu nehmen. Wir mochten den spröden Charme von Saba sehr gern, wären bei besseren Bedingungen auf jeden Fall länger geblieben. Aber da uns das Wetter nicht wirklich wohlgesonnen war, haben wir uns heute davon gemacht, sind nach St. Barth gesegelt und wissen gerade das sanfte Geschwanke in der geschützten Anse de Colombier absolut zu schätzen.

 

 

Ludger
April 25th, 2016 at 7:57 am

Liebe Heiks,
das mit dem Schwell ist natürlich doof! So verpasst ihr leider einen karibisch niederländischen „Koningsdag“, der ja vor der Türe steht. Ihr solltet zu Ehren Eures Heimathafens (auch wenn der in Friesland liegt) den Fisch oranje schmücken. Auch von mir herzliche Grüße von einem vereisten Schreibtisch, Ludger

Carsten
April 24th, 2016 at 10:03 pm

Herzlichen Dank für diesen wie immer sehr tollen Reisebericht und
Liebe Grüße aus Schnee, Hagel und Eis
Von Uns Dreien 😉

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