Fuerteventura

Die älteste der Kanareninseln ist ganz anders als Lanzarote. Nicht schwarz-grau und schroff, sondern mit weitläufiger Landschaft, die in verschiedensten Erd- und Sandtönen leuchtet, die einstigen Vulkankegel hat die Erosion zu sanften Hügeln und Bergen geformt. Seit über einer Woche wohnen Heikos Eltern im südlich gelegenen Costa Calma im Hotel, mit ihnen zusammen haben wir Fuerteventura per Mietwagen erkundet. Eine schöne Tour führte uns ganz in den Norden zum Parque Natural de Corralejo, eine gigantische Dünenlandschaft, die unter Naturschutz steht und aussieht wie die Sahara. Bloß zwei klotzige Hotels stören das Gesamtbild, eventuell werden sie 2017 abgerissen. Auch Corralejo selbst hat uns gut gefallen, der Ort ist zwar ein Touristenzentrum, aber ein hübsches, natürlich gewachsenes, im Gegensatz zu den künstlichen Reißbrettstädten. Außerdem stimmt hier die Mischung: Familien, Surfszene, Senioren, alle sind vertreten. Noch lieber mögen wir allerdings die kleinen, unbekannteren Örtchen. Das sympathische El Cotillo im Nordwesten zum Beispiel ist um ein altes Hafenbecken herum gruppiert und einfach nur entspannt und gemütlich. Eine britische Zeitung hat einmal eine Reportage über die Menschen hier veröffentlicht, die entsprechenden – und äußerst geschmackvollen – Fotografien hängen außen an einer Fassade, auch sonst ist El Cotillo liebevoll dekoriert und verfügt über einladende Gastronomie. Der nahegelegene Leuchtturm Faro de El Tostón überblickt flache Felsbuchten, auf die die Atlantikwellen donnern, eine relativ einsame Landschaft mit toller Atmosphäre und Tausenden Steinmännchen.

 

 

Circa in der Mitte der Westküste dann Ajuy: ebenfalls klein und unprätentiös mit dunklem Sandstrand. Ein Weg führt über ein Kalksteinkliff zur Bucht Caleta Negra, wo man in zwei riesige Höhlen klettern kann, auch dies wegen der toll geformten Küste ein lohnender Ausflug. Oder Betancuria im Inland, das bis 1835 Inselhauptstadt war, da ist fast der Weg das Ziel: die Straße schlängelt sich die Berge hinauf, zwischendurch gibt es immer wieder Miradores mit großartigen Fernblicken und haufenweise niedlichen Erdhörnchen. Eigentlich sollen sie nicht gefüttert werden, doch die meisten Touristen können nicht widerstehen und so weiß man kaum, was zu beobachten mehr Spaß macht: die quirlig herumwuselnden kleinen Pelztiere oder die lustigen Geräusche und Verrenkungen der Touris, die sich beinahe ein Bein ausreißen, um sie anzulocken. Betancuria steht unter Denkmalschutz und ist arg herausgeputzt. Die Iglesia Santa María im Zentrum ist das dortige Highlight und obwohl wir sonst keine allzu ambitionierten Kirchenbesichtiger sind, hat uns dieses 1410 gegründete und nach Brandschatzung durch Piraten ab 1620 neu errichtete Gotteshaus durch seine ungewöhnliche Optik im Inneren beeindruckt: es wirkt licht mit seinen natürlichen Baumaterialien und eher bescheiden, ist nicht so überfrachtet wie üblich. Einzig der barocke Hochaltar glänzt mit typischer goldener Wucht, er beheimatet die Figur der Santa Catalina aus dem 15. Jahrhundert, die älteste Holzschnitzerei der Kanaren.

 

 

Wirklich besonders ist auf Fuerteventura noch die Fahrt gen Süden: zunächst passiert man an der Ostküste kilometerlange hellsandige Traumstrände, teils mit kleinen Lagunen. Hier tummeln sich all die windverrückten Surfer und Kiter, ein toller Anblick. Den Traumstrand Risco del Paso haben wir nicht nur besichtigt, sondern dort auch noch ein paar entspannte Stunden mit Beate und Reiner verbracht, einfach mal in solch perfekter Umgebung faul herumliegen und genießen, das hat schon was. Bloß eine Strandbar fehlte, da können die hiesigen Spanier noch von den Holländern lernen. Weiter im Süden, hinter Morro Jable, wird die Straße dann bald zur staubigen Piste und die führt zunächst nach El Puertito de la Cruz, ein winziger und skurriler Ort wie am Ende der Welt. Er besteht teils aus mit Brettern umbauten Wohnwagen und wird von einem einzelnen Windrad überragt, das aber nie in Betrieb genommen wurde, weil seine Leistung für das Dorf viel zu stark ist. Nach einem weiteren Kilometer ist man beim Leuchtturm an der Punta de Jandía, dem westlichsten Zipfel Fuerteventuras. An solchen Stellen denken Heiko und ich natürlich unweigerlich an die Überfahrt in die Karibik, die gar nicht mehr so fern ist. Auf dem Rückweg führt ein Abzweig in nördliche Richtung, ebenfalls Piste, zum Pass Mirador de Barlovento, 223 Meter hoch. Wir wurden beinahe weggeweht, als wir von dort die Aussicht auf die zerklüftete Küste genossen. In den Tälern dann wieder kuschelige Temperaturen, Schafe, Kakteen, Landschaft ohne Ende. Schön!

 

 

Auch einen Ausflug aufs Meer haben wir noch unternommen, gezielte Großwildjagd war das Thema. Nachdem Beate und Heiko ausgiebig Angelequipment enttüdelt und vorbereitet hatten, ging es mit der „Balou“ samt Schwiegereltern raus aus dem Hafen. Das klar definierte Ziel: einen großen Marlin fangen und am Abend auf dem Steg grillen. Wir setzten Segel und kreuzten ein Stück gen Norden, immer da, wo die Tiefenlinien in der Seekarte eng beieinander sind, denn dort halten sich nach Expertenmeinung die großen Raubfische auf. An dem Tag hatten sie wohl leider alle frei, die Köder wurden nicht mal angeknabbert. So kam letztlich gekaufter Fisch auf den Grill, der war dann zumindest schon ausgenommen und ebenfalls sehr lecker. Überhaupt gefällt uns das Leben hier im bunt bemalten Gran Tarajal nach wie vor prima! Hafen und Ort sind überschaubar und gemütlich, die Versorgungslage perfekt, der Tourismus fest in spanischer Hand. Zwischendurch kann man mal ein Stündchen am dunkelsandigen Stadtstrand verbringen, in gerade mal fünf Minuten Gehentfernung. Vorgestern sind zu den bewährten Stegnachbarn noch unsere Biskaya-Kollegen Heike und Herwig mit der „Worlddancer II“ eingetroffen, schön gesellig ist es also auch.

 

 

Und mit Flying Fish geht es steil bergauf: Uschi und Wilfried haben uns nämlich nicht nur mit köstlichen selbstgebackenen Vanillekipferln versorgt, sondern auch noch einige Ersatzteile importiert, die wir an ihre Adresse schicken lassen durften. So lässt sich der Kühlschrank nun wieder regulieren (ein Haufen Lebensmittel ist in der Vorwoche unseren Versuchen zum Opfer gefallen, die Temperatur durch an- und ausschalten zu halten) und der Motor hat eine neue Belüftung. Außerdem verfügen wir wieder über Navigationslichter, das neu durch das Schiff gezogene Kabel ist fertig angeschlossen. Für heute stehen Änderungen an der Wasserinstallation auf dem Plan, die Fusspumpe für Seewasser muss eingebaut werden und dazu noch eine Weiche für Süßwasser, damit die Außendusche nicht den teuren Seagull-Filter verschleißt. Eigentlich sollte es jetzt weiter gehen nach Gran Canaria, doch der Wind ist zu stark, so dass wir erst mal noch bleiben. Vielleicht legen wir am Mittwoch ab…

 

 

Holger
November 24th, 2015 at 11:00 am

Hola Seebären,
lange nichts von mir hörten lassen, sorry.
Eure Berichte sind immer interessant und oft amüsant und letztendlich immer voller Optimismus, netter Lesestoff, weiter so!
Ihr kommt mit Eurem fliegenden Fisch da hin, wohin zu kommen die Masse nur mit dem Flieger eine Chance hat – Schon toll und beneidenswert…
Ich wünsche Euch weiterhin allzeit gute Fahrt, eine nachsichtige See und stetige, achterliche Winde, macht’s gut, is ne coole Reise – unglaublich, schon 189 Tage auf See…

Ludger
November 23rd, 2015 at 6:34 pm

Liebe Heiks,
und ich dachte bisher immer, auf Fuerte gäbe es nur Bettenburgen – Eure Bilder sind ja toll. Insbesondere natürlich „Meerjungfrau auf Felsformation“!
Liebe Grüße vom Schreibtisch, Ludger

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