Zielgespräche

Wir mussten mal reden, Heiko und ich. Das tun wir öfter, aber in den letzten Tagen ging es um wichtige Details unserer weiteren Reiseplanung. Wir haben ja vor, ca. am 23. November (nach dem Start der ARC) in Las Palmas auf Gran Canaria einzutreffen, um dort ab Anfang Dezember bereit zu sein für den großen Sprung in die Karibik, sobald das Wetter stimmt. Dabei bleibt es, im Idealfall sind wir vor dem Nikolaustag, der auch unser Hochzeitstag ist, auf See. Ziel war die Insel Barbados, weil „Barbados“ gut klingt und man über sie auf unserem Kurs als erstes stolpert. Das wird nichts, denn inzwischen wissen wir von mehreren Karibik-Kennern, dass Barbados nicht sehr geeignet ist für den ersten Landfall nach mindestens drei Wochen auf See. Schon auf Porto Santo hat uns Jörg von der „Midnight Sun“ darauf hingewiesen, in Arrecife nun war es Derek, der das Thema ansprach. Er segelt mit Allison seit mittlerweile zwölf Jahren auf der „Arielle“ durch die Weltgeschichte und kennt sich ebenfalls aus. Der Tenor jeweils: tut euch das nicht an, es gibt auf Barbados keine Marina mit Gastliegeplätzen, man muss in ein unkomfortables Ankerfeld mit sehr viel Schwell, wo die Anlandung mit dem Dinghi wegen hoher Wellen nur sehr nass oder überhaupt nicht möglich ist. Nicht das Richtige also, wenn man sich nach einer Überfahrt bloß noch nach einem stabilen Steg sehnt und jemandem, der Essen und Getränke reicht. Und deshalb geht es – tadaaa! – nach Grenada, das sind nur rund hundert Seemeilen mehr. Wir haben unsere Motor-Fachliteratur ins Regal gestellt, dafür die Karibik-Törnführer aus den Schutzfolien gepellt, angefangen uns einzulesen und freuen uns langsam gewaltig warm!

Blog 151114_B02_klHier auf den Kanarischen Inseln ist unterdessen die Zielfindung manchmal auch ganz schön schwierig. Am Donnerstag haben wir in Arrecife auf Lanzarote abgelegt, um in zwei bequemen Tagesetappen nach Gran Tarajal auf Fuerteventura zu segeln. Leider sind die Häfen und Marinas oft klein und überfüllt, die Entfernungen zwischen ihnen relativ groß, deshalb wird dringend geraten, vorher zu reservieren. Dafür gibt es die zentrale Mailadresse der Puertos de Canarias, so heißt das zuständige Büro. Leider bekommt man von dort nie, nie, nie eine Reaktion, egal ob man auf Spanisch oder Englisch schreibt, so auch dieses Mal. Versucht man es mit den Telefonnummern aus dem Imray-Törnguide, sind diese entweder falsch, es geht niemand ran oder der Gesprächspartner ist so unwillig, dass man keine Chance hat. Eine Art riesiger Liegeplatzsucher-Abwehrabteilung also, in der Fachliteratur finden sich entsprechend warnende Worte. Am besten klappt es, wenn man mit seinen Segelfreunden kooperiert. So kümmerten sich die „Fenicias“ vor Ort um unseren Liegeplatz in Arrecife und als wir dort waren, haben wir für die nachfolgenden „Worlddancer“ reserviert. Diese Woche konnten wir dann von der „Lili“ profitieren, die mit ein paar Stunden Vorsprung aus Corralejo an der Nordspitze Fuerteventuras unterwegs gen Süden war. Schönerweise erfuhren wir (und die parallel segelnde „Balou“) so schon unterwegs über Funk, dass es im anvisierten Hafen Puerto del Castillo keinen einzigen Liegeplatz gibt. Über den fünf Seemeilen entfernt gelegenen kommerziellen Hauptstadthafen Puerto del Rosario heißt es im Imray, dass Gastlieger dort gar nicht vorgesehen sind und höchstens auf schlechtem Grund ankern können. Keine gute Idee, zumal für die Nacht richtig viel Ostwind angesagt war. Auch alle Buchten auf unserem Weg kamen aus diesem Grund nicht in Frage. Also beschlossen wir, direkt weiter bis Gran Tarajal zu segeln in der Hoffnung, dort unterzukommen. Irgendwann kam der erlösende Funkspruch der „Lili“: freie Liegeplätze vorhanden! Und so wurden aus höchstens 40 Seemeilen flugs 55 und ein Anleger im Dunkeln.

Blog 151114_B03_klAcht Stunden lang waren wir unterwegs und ganz schön flott, denn fünf Stunden davon lief der Motor mit – problemlos! Wir halten ihn also erst mal für geheilt. Doch auch nur unter Segeln hat uns der Starkwind-Effekt am Kap Lantailla auf über acht Knoten beschleunigt, ein herrlicher Surfspaß. Nun liegt Flying Fish in Gran Tarajal in „Fuerteventura’s most welcoming harbour“, der leider nur über kalte Duschen verfügt. Dafür ist es insgesamt deutlich wärmer als auf Lanzarote. Und nett ist es hier, klein und friedlich, auch der immerhin zweitgrößte Ort der Insel. Es gibt einen Haufen Wandmalereien und Graffiti an den Fassaden, es gibt Bars und Cafés mit WiFi und Supermärkte, die genauere Erkundung folgt noch.

Ludger
November 18th, 2015 at 2:17 pm

Liebe Heiks,
wir erleben hier in Old Europe gerade eine wilde Zeit. Bomben, Polizeieinsätze und kurzfristig abgesagte Länderspiele – grauenvoll! Paris ist in aller Munde und die Rattenfänger nutzen ihre Gelegenheit. Vielleicht könnt ihr ja ein paar Tage zu Ehren der Pariser Opfer die Tricolore unter die Saling setzten. Es schön zu hören, dass die Hilfe unter Seglern ohne Ansehen der Nation toll funktioniert. Alle Menschen sollten segeln gehen!
Liebe Grüße vom Schreibtisch, Ludger

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